usa: todesstrafe gerügt: Bush ist ein wahrer Glücksfall
Die Wahl von George W. Bush zum Präsidenten der USA könnte das Beste gewesen sein, was Gegnern der Todesstrafe in den USA je passieren konnte. Das klingt paradox, denn in Bushs Amtszeit als Gouverneur von Texas wurde in dem Staat eine Rekordzahl von Exekutionen vollstreckt. Doch gerade an seiner Person macht sich der weltweite Protest gegen die willkürliche und barbarische Justizpraxis in den USA fest, die ähnlich nur in Diktaturen wie Iran, Irak und China gehandhabt wird. Fast täglich sehen sich Diplomaten der USA inzwischen mit kritischen Presseberichten, Petitionen und öffentlicher Kritik konfrontiert.
Kommentarvon STEFAN SCHAAF
Das internationale Bild von den USA wird durch immer neue Hinrichtungen getrübt, erst vorgestern starben wieder zwei Menschen in Indiana und Texas den staatlich verordneten Tod. Bush hat damit kein Problem, wie seine Äußerungen nach der Exekution von Timothy McVeigh hinlänglich demonstrierten.
Doch der internationale Druck wächst: Vergangene Woche verurteilte die Weltkonferenz gegen die Todesstrafe in Straßburg die US-Praxis; gestern folgte die Rüge durch eine UN-Institution, den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Er bemängelte das Fehlen von Rechtshilfe und kritisierte, dass die konsularische Betreuung von zum Tode verurteilten Ausländern in den USA verhindert wird.
Zwei deutsche Staatsbürger, Karl und Walter LaGrand, wurden 1999 in Texas hingerichtet. Anders als im Wiener Protokoll von 1963 vorgeschrieben, waren deutsche Stellen nicht über die Festnahme der beiden informiert worden und konnten nicht für eine angemessene Verteidigung sorgen. Die Brüder wurden auch nicht auf ihr Recht auf konsularische Betreuung hingewiesen. Einen Tag vor der Exekution Walter LaGrands hatte der Internationale Gerichtshof diesen eklatanten Rechtsfehler bemängelt und einen Aufschub verlangt – vergeblich. Die Bundesrepublik reichte Klage ein; dies ist eine ungewöhnlich klare Kritik am amerikanischen Verbündeten. Das Urteil aus Den Haag ist es erst recht. Doch wird der Richterspruch etwas ändern? Die Probe dafür ist der Fall des Deutschen Dieter Riechmann, der in Floridas Todestrakt einsitzt. An seiner Schuld bestehen erhebliche Zweifel – dank der Recherchen deutscher Journalisten.
Die Praxis der Todesstrafe in den USA wird die Amtszeit von George W. Bush überdauern, doch er wird zu denen gehören, die ihre Abschaffung beschleunigt haben.
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