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Warten auf den Ritterschlag

„FTD“-Chef Andrew Gowers gilt als Favorit für den Chefredakteursposten beim Londoner Mutterblatt. Der deutschen Schwesterzeitung täte diese Beförderung sehr gut – und dann wieder auch nicht

von STEFFEN GRIMBERG

Bei der Financial Times Deutschland wird eigentlich permanent mit London telefoniert. Schließlich arbeitet man eng mit dem britischen Mutterblatt zusammen; im Zuge der laufenden Sparmaßnahmen (taz vom 30. 5.) soll diese Zusammenarbeit noch weiter verstärkt werden. Doch ein entscheidender Anruf blieb bisher aus: Ausgerechnet der, der FTD-Chefredakteur Andrew Gowers nahe legen wird, sein Büro am Hamburger Stubbenhuk zu räumen – und als Chefredakteur der Financial Times an die Londoner Southwark Bridge zurückzukehren.

Dort kennt sich Gowers aus: Ab 1994 war er stellvertretender FT-Chef und vertrat dann 1997 FT-Editor Richard Lambert, als der die US-Ausgabe der Financial Times in den Gründungsmonaten persönlich von New York aus redigierte. In London dürften manche Gowers mit gemischten Gefühlen erwarten, schließlich galt er schon bei seinem Einsatz 1997 als Mann, der kommt, wenn es ernst wird – und sparen muss die FT auch jetzt wieder.

Für die FTD wäre Gowers’ Aufstieg zum obersten Journalisten der Financial-Times-Gruppe erst recht eine zweischneidige Angelegenheit. Dass der seit 1983 in FT-Diensten Stehende als Favorit der Pearson-Chefetage für die Nachfolge von Lambert ins Rennen geht, sollte klar machen, wie der britische Medienkonzern zu seinem deutschen Ableger steht: In Treue fest nämlich.

Und Gowers, so berichten Londoner Zeitungen und der Kontakter, solle zusätzlich als künftiger Herausgeber der FTD verbunden bleiben. Stärkere Beschneidungen der FTD oder gar die immer mal wieder geunkte Einstellung des von Pearson gemeinsam mit der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr verlegten Blattes würden so in jedem Falle deutlich komplizierter. Denn durch die Herausgeberschaft in Personalunion wäre automatisch auch das Ansehen des FT-Chefredakteurs in Mitleidenschaft gezogen. – In der Außensicht zumindest also eine für die FTD positive Angelegenheit.

Die Binnensicht aus der Hamburger FTD-Zentrale ist komplizierter: Gowers verkörpert wie kein anderer den neuen Stil, den das Blatt erfinden wollte – und in Grenzen trotz aller Rückzieher zugunsten klassisch-deutscher Wirtschaftsberichterstattung auch etabliert hat. Seinen designierten Nachfolgern und bisherigen Stellvertretern Wolfgang Münchau und Christoph Keese fehle diese Integretät, heißt es in der Redaktion: „Das Grundvertrauen, das Gowers verkörpert, ist so nicht da.“ Nach Kontakter-Informationen sollen Münchau und Keese zudem lediglich „Notlösungen“ sein: Mehrere bevorzugte Kandidaten der vorschlagsberechtigten Londoner Verlagsleitung, darunter der wie Gowers germanophile FT-Europachef Lionel Barber, hätten abgewunken. An die Nieren geht den FTD-MitarbeiterInnen wohl auch das Warten auf den weißen Rauch aus London – schon ist von vielen die Rede, die sich aktiv mit eigenen Abwanderungsgedanken tragen.

Wie lange sie noch warten müssen, hängt auch von Richard Lambert ab – und Ihrer Majestät höchstpersönlich. Der lang gediente FT-Chefredakteur wird zwar mit großer Sicherheit als neuer Chairman zur BBC wechseln und eine eher politische Karriere anstreben. Doch vorher, so ist es Brauch in Britannien, müsste er für seine lachsrosa Verdienste – in den zehn Jahren unter Lambert hat sich die Auflage der FT fast verdoppelt – eigentlich noch von der Königin zum Ritter geschlagen werden.

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