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Die eisernen Männer planen ihre Grenzen

Triathlet Thomas Hellriegel zählt beim Ironman Europe in Roth zu den Favoriten. Und das ist keineswegs Zufall

FREIBURG taz ■ Test Nummer eins beginnt wie eine Spazierfahrt am Sonntagnachmittag. Ganz gemächlich tritt Thomas Hellriegel in die Pedale des Fahrradergometers, dessen monotones Surren nur alle drei Minuten von einem hellen Piepen übertönt wird. Für den Triathleten aus Büchenau bei Bruchsal ist dies das Zeichen, dass die nächste Stufe erreicht ist. Alle drei Minuten muss er 20 Watt mehr Leistung auf die Pedale bringen, was die Spazierfahrt in der klinisch wirkenden Atmosphäre des weiß gekalkten Raumes ganz allmählich zu einer Alpen-Etappe für ihn werden lässt. „Das geht bis zum bitteren Ende“, sagt Hellriegel; dieses hat er nach exakt 45 Minuten und jeder Menge Schweiß erreicht.

Prüfung Nummer eins, genannt Stufentest, ist nur der Auftakt einer Testserie, die dem Mann, der am Sonntag beim Ironman Europe im fränkischen Roth über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen zu den Top-Favoriten zählt, helfen soll, seine Erfolge planbar zu machen. Zwei- bis dreimal pro Jahr kommt Hellriegel zur Leistungsdiagnostik nach Freiburg, um sich unter der Aufsicht von Sportwissenschaftlern zu quälen. Im Radlabor des Instituts für Sport und Sportwissenschaft kämpft er bei fünf verschiedenartigen Tests gegen die Unbarmherzigkeit des Ergometers an; in der Abteilung für Rehabilitative und Präventive Sportmedizin der Universitätsklinik folgt ein weiterer Check auf dem Laufband. Aerobe und anaerobe Fähigkeiten werden dabei genauso abgefragt wie seine Werte in Schnellkraft, Kraftausdauer und Maximalkraft. Mit diesen in Zusammenhang gebracht werden Herzfrequenz, maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit, Kohlendioxidabgabe, Atem-Minuten-Volumen sowie Laktatwerte. Das ergibt am Ende der beiden Tage einen umfassenden Datensatz, der wissenschaftliche Rückschlüsse auf das aktuelle Leistungsvermögen erlaubt.

„Ich sehe genau, wo ich stehe und wo es mir noch fehlt“, nennt Hellriegel Sinn und Zweck der Leistungsdiagnostik: Stimmen die Werte, befindet er sich prinzipiell auf dem richtigen Weg, stimmen sie nicht, gilt es, sich Änderungen im Training zu überlegen. Bei zwei, maximal drei Ironman-Starts im Jahr bietet das eine wertvolle Möglichkeit der Formüberprüfung schon während der Vorbereitung.

„Das Bestreben ist, dass der Athlet auf die Top-Events hin seine Maximalwerte erreicht“, sagt der Sportmediziner Dr. Martin Huonker. Das alleine garantiert zwar noch lange nicht den Erfolg, macht ihn aber eben doch kalkulierbarer – und damit wahrscheinlicher, eben weil wissenschaftlich geplant. Huonker: „Man bekommt so ein Profil eines Athleten herausgearbeitet, mit dem dem sich dann Trainingssteuerung betreiben lässt.“

Das Basisprofil Hellriegels ist nach beinahe 15 Jahren Triathlon hervorragend. Sein Herz pumpt im Ruhezustand 32-mal pro Minute und lässt sich auch bei größten Anstrengungen kaum über 180 Schläge hochjazzen; pro Minute und Kilogramm Körpergewicht kann der 30-Jährige 86 Milliliter Sauerstoff ins Blut aufnehmen, sein Körperfettanteil liegt bei 6 Prozent. „Thomas“, beurteilt Huonker diese Werte, „ist ein weitgehend fertiger Athlet.“ Keineswegs müsse dies aber bedeuten, dass der Badener nicht prinzipiell noch über Steigerungspotenzial verfügt: „Jetzt kommt es darauf an, das Training so zusammenzubasteln, dass am Ende noch eine bessere Zeit möglich ist.“

„Als Gratwanderung“ empfindet Hellriegel dieses Unternehmen, längst reicht es auch auf der Langstrecke nicht mehr aus, nur mächtig Umfang, also möglichst viele Kilometer, in der Vorbereitung herunterzuspulen. „Die Schnelligkeit bekommt eine immer größere Bedeutung“, sagt der Mann, der vor vier Jahren als erster Deutscher den legendären Hawaii-Ironman gewann,schon weil immer mehr Athleten in den Bereich der nach wie vor magischen Acht-Stunden-Grenze vordringen.

Das lässt die eisernen Männer schon in der Vorbereitung zu Grenzgängern werden. Nach wie vor viel, und das immer schneller, so lautet die Devise im Training. Erfahrungswerte sind dabei so gut wie nicht existent, umso wichtiger ist die ständige Überprüfung per Leistungsdiagnostik. „Man ist dabei, das Letzte aus sich herauszuholen“, sagt Hellriegel. Die Leistungsdiagnostik ist ihm dabei unverzichtbare Hilfe. FRANK KETTERER

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