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Mit Ronald Reagan im War Room

■ Der Production Designer Ken Adam ist der Baumeister der James-Bond-Filme. Während der Hochschultage berichtete er über seine spannende Arbeit

Am Wochenende war einer der großen Meister des Kinos in unserer Stadt: oscarprämiert, wohl der Beste seiner Zunft, seit bald 50 Jahren international erfolgreich – und nur wenige haben es überhaupt gemerkt. Er selbst nannte zwar das Kino am Sonntagnachmittag in der Hochschule für Künste „die wichtigste kollektive Kunst des 20. und wohl auch des 21. Jahrhunderts“, aber bei diesem Kollektiv stehen die einen im Dunkeln und die anderen im Licht. Die Schauspieler kennt alle Welt, einige Regisseure werden auch als Stars gefeiert, aber Kameraleute, DrehbuchautorInnen, FilmmusikerInnen oder gar Produktions-DesignerInnen kennen nur noch die Filmspezialisten. „Ein Regisseur hat einmal zu mir gesagt, macht ihr nur – wenn es klappt, kassiere ich das Lob, und wenn es danebengeht, gebe ich euch die Schuld!“

Was Ken Adam denn nun überhaupt gemacht hat? Erinnern Sie sich an die gigantomanischen Filmbauten in den früheren Bond-Filmen? All die futuristischen Hauptquartiere, Unterwasservillen und Abschussrampen, in denen Bond die Bösewichte schließlich zum Grande Finale aufspürte und besiegte? An den bedrückend, düsteren „War Room“ in Stanley Kubricks „Dr. Seltsam“? Oder an die Ausstattungen in „Barry Lyndon“ und „The Madness of King George“? All diese epochalen Filmdesigns hat Adam entworfen und bauen lassen. Seine beiden Oscars hat er für historische Filme bekommen, aber dies wohl nur, weil Bond-Filme aus Prinzip bei der Prämierung ignoriert werden.

Als ein freundlicher alter Mann entpuppte sich dieser Schöpfer von Filmtraumlandschaften, und weil er 1921 als Klaus Adam in Berlin geboren wurde, sprach er ein sehr angenehm klingendes, manchmal etwas altmodisch wirkendes Deutsch. Darüber, dass seine jüdische Familie 1934 zur Emigration nach England gezwungen war, schwieg er – sein Auftritt in einem voll besetzten Klassenzimmer der Hochschule an der Dechanatstraße war eher ein Werkstattgespräch.

Adam wollte schon immer für den Film arbeiten, ein Architekturstudium machte er nur, um eine Grundlage für seine Arbeit als Filmdesigner zu haben. Jawohl, er könne durchaus auch ein Haus bauen, aber das interessiere ihn überhaupt nicht, sagte er. Einem englischen Produzenten fiel er als junger Assistent auf, weil er so viel von Schiffen erzählte. Schon war er für die Segelschiffe in einer Reihe von Piratenfilmen verantwortlich, dann bekam er den Job, den ersten James-Bond-Film auszustatten. Gerade mal 20.000 Pfund hatte er dafür zur Verfügung, aber er hatte die Idee, Dr. Nos Befehlszentrale „mit Kupfer, Stahl und Plastik“ futuristisch wirken zu lassen. So etwas hatte es bis dahin im Filmdesign nicht gegeben, der Bond-Look war erfunden, und Stanley Kubrick rief Ken Adam an, weil er eine ähnliche Wirkung für seine Satire „Dr. Seltsam“ haben wollte. Diesen „War Room“ hält Steven Spielberg für „den besten Filmset aller Zeiten“ – erzählt Adam gern, genauso wie die Anekdote von Ronald Reagan, der als frischgewählter US-Präsident unbedingt in den „War Room“ geführt werden wollte.

Wie groß sein Einfluss auf die acht von ihm ausgestatteten Bond-Filme war, erkennt man daran, dass hier Design und Dramaturgie ineinander verschwammen. Oft waren zuerst seine Bauten da, und dann wurden die Geschichten geschrieben. Von ihm stammte etwa die Idee mit dem Stuhl am Konferenztisch des Bösewichts, der versenkbar ist und sein Opfer mit in die Tiefe reißt (und der heute in den Kulissen von TV-Quizshows fröhliche Urständ' feiert). Die Drehbuchautoren haben es dann einfach so geschrieben, wie er es vorher entworfen hatte. Wilfried Hippen

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