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Ärzte wollen mitdoktern

Mediziner fordern mehr Mitsprache bei Neuregelung des Risikostrukturausgleichs. Krankenkassen weisen den Vorwurf zurück, sich per Strukturausgleich reich zu sparen

BERLIN taz ■ Während sich die Stimmen derer mehren, die eine Gesundheitsreform noch vor den Wahlen diskutieren wollen, geben Ärzte und Kassen schon mal eine Kostprobe der zu erwartenden Auseinandersetzungen.

Den Ärzten missfällt bereits Gesundheitsministerin Ulla Schmidts Notstopfen für diese Legislaturperiode: die Reform des Risikostrukturausgleichs (RSA). Schmidt will das Ausgleichssystem zwischen den Kassen austarieren, indem die Kassen für Patienten mit bestimmten chronischen Krankheiten Sonderzahlungen aus dem RSA erhalten. Allerdings müssen diese Patienten nach festgelegten Leitlinien behandelt werden, die internationalen Standards entsprechen. „Disease-Management“ nennt sich das System, von dem man sich eine professionellere Behandlung verspricht, die letztlich billiger würde als das parallele „Herumdoktern“ mehrerer Ärzte, die eventuell nicht auf dem neuesten Stand sind.

Die Kassenärzte kritisieren nun, dass sie an dem Verfahren, nach dem die Therapieverfahren festgelegt werden, kaum beteiligt werden. Nach welchen Standards das „Disease-Management“ künftig gestaltet wird, entscheiden nämlich allein die Krankenkassen. Die Ärzte befürchten, dass die Kassen niedrige Standards anlegen und die Differenz zur Pauschale aus dem Strukturausgleich nutzen, um ihre Beiträge niedrig zu halten. Immerhin gehe es um 60 Prozent der Kassenleistungen, betonte gestern Wolfgang Aubke von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). In den Katalog der chronischen Krankheiten sollen mehrere Herzkrankheiten, Diabetes, Brustkrebs und einige Formen von Asthma aufgenommen werden.

Die Krankenkassen weisen den Vorwurf, sie wollten sich bereichern, allerdings zurück: Schließlich gebe es im RSA auch zahlende Kassen, die auf die effiziente Verwendung der Mittel drängen würden, so Doris Pfeiffer, Sprecherin des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen (VdAK). Die Ärzte sollen dagegen als Blockierer von Disease-Management-Konzepten aufgefallen sein, da sie nach diesen Konzepten Patienten an Spezialisten verlieren könnten.

HEIDE OESTREICH

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