: Ätna findet neues Ventil
Der sizilianische Vulkan macht eine Pause: Die Lavaströme fließen mit geringerem Tempo zu Tal. Eine zusätzliche Spalte könnte den Innendruck vermindern
CATANIA dpa/afp/rtr ■ Nach Tagen der Angst gibt es am Ätna einen Hoffnungsschimmer. Zwar handelt es sich bei den andauernden Eruptionen um den schwersten Ausbruch seit Jahrzehnten, doch durch eine neue Lavaspalte in unbewohntem Gebiet könnte der Druck im Innern des sizilianischen Vulkans nachlassen, meinten Experten gestern. Der Flughafen von Catania am Fuß des Berges wurde nach 20 Stunden wieder geöffnet. Auf die Rollbahnen war dichter Ascheregen niedergegangen. „Der Ätna ruht sich aus“, sagte eine Fernsehkommentatorin.
Durch den neuen Lavafluss könnten zwei andere gefährlichere Feuerströme an Stärke verlieren, sagte Zivilschutzchef Franco Barberi. Nach wie vor wälzen sich gigantische Feuerströme zu Tal, vom größten Vulkan Europas steigen Rauchwolken und Lavafontänen auf. Aus der Tiefe dringt ein dumpfes Grollen, „der Atem des Ätna“, wie es die Anwohner nennen.
Schon jetzt dürfte der Schaden in die Millionen gehen. Retter verstärkten weiter die Schutzdämme. In der Region gilt der Notstand, denn Experten wissen: „Der Vulkan ist unberechenbar.“
Der Bürgermeister des bedrohten 5.000-Einwohner-Ortes Nicolosi, Salvatore Moschetto, äußerte sich gestern vorsichtig optimistisch. Noch könne aber keine Entwarnung für seine Gemeinde gegeben werden. Nur vier Kilometer vor Nicolosi sei die Feuerzunge praktisch zum Stillstand gekommen. „In der vergangenen Nacht hat die Flut nur zehn Meter zurückgelegt“, erläuterte der Fachmann Calogero Murgia. „Sie zeigt Anzeichen von „Müdigkeit“, wird breiter und verdickt sich.“
Jetzt geht allerdings im Nachbarort Belpasso die Angst um. Jüngste Computersimulationen ergaben, dass die Lava zwischen Nicolosi und Belpasso hindurchfließen könnte. Eine Zunge der Feuerflut hat bereits die Umgebung von Belpasso erreicht.
Auch weiter oben an den Seilbahnen, Souvenirläden und Restaurants bewegt sich die Lavafront jüngsten Angaben zufolge langsamer fort. Allerdings sind Liftanlagen, Teile einer Provinzstraße und Stromleitungen bereits schwer beschädigt worden. Helfer montierten in aller Eile die Seilbahnkabinen ab.
„Wir werden zwei Jahre lang Probleme haben“, sagte ein Sprecher der Skiliftbetreiber. Der Boden sei stark aufgeheizt. An den Pisten des Vulkans herrschte noch im vorigen Winter reger Betrieb. Viele Menschen am Ätna leben vom Tourismus.
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