: „Ich wünsche mir weniger Fatalismus“
■ Letzter Arbeitstag für Achim Könnecke: Ein Gespräch mit dem scheidenden Referatsleiter Bildende Kunst
Das beliebteste Hamburger Kunstwerk im öffentlichen Raum sind die „Vier Männer auf Bojen“ von Stephan Balkenhol geworden. Ihre Einweihung 1993 war der erste Höhepunkt in den neun Jahren, die Achim Könnecke in der Kulturbehörde für Bildende Kunst zuständig war. Das größte Projekt dieser Zeit war 2000 das gemeinsam mit dem damaligen Kunstvereinsleiter Stephan Schmidt-Wulffen kuratierte Projekt Außendienst. Kunst im öffentlichen Raum ist zwar der bekannteste, aber nur einer der Zuständigkeitsbereiche des Referatsleiters Bildende Kunst in der Kulturbehörde, das Achim Könnecke 1992 übernahm, nachdem er sechs Jahre unter anderem als Journalist und Kunstkritiker gearbeitet hatte. Heute ist der letzte Arbeitstag des 38-Jährigen: Er geht als stellvertretender Kulturamtsleiter nach Stuttgart. Die taz fragte ihn nach einem Resümee seiner Hamburger Zeit.
Achim Könnecke: Der wich-tigste Erfolg Hamburger Kulturpolitik in den Neunzigerjahren ist, dass wir am Ende dieses Jahrzehnts nicht schlechter dastehen, als am Anfang. Denn obwohl es – anders als in den Achtzigern – unter der Vorgabe der Haushaltskonsolidierung keine Mark zusätzlich gab, konnten neue Projekte realisiert werden. So wurden internationale Gästeateliers eingerichtet und die Atelierhäuser gefördert; als letztes wurde geradeein in Osdorf eröffnet. Auch die Hamburger Arbeitsstipendien konnten weitgehend erhalten werden. Im Übrigen sind Künstlerförderung und Kunstförderung nur dann sinnvoll, wenn sie nicht zu exzeptionellen Highlights führen, sondern zu einem Bündel gut aufeinander abgestimmter Maßnahmen.
taz hamburg: Was blieb unerledigt, welche Wünsche blieben?
Der nichtinstitutionelle Ausstellungs-raum K3 konnte stärker an Kampnagel angebunden werden, bleibt aber ohne angemessenes Budget ein Problem. Vielleicht ist die „Halle K“ im Galeriehaus auf der Kunstmeile ein besser bespielbarer Ersatz. Und zu fehlen scheint mir eine gezielte Künstlerförderung in den zwanzig Jahren zwischen dem Arbeitsstipendium am Beginn einer Karriere und den späten großen Ehrungen, Edwin-Scharff-Preis und Lichtwark-Preis, die übrigens in Zukunft immer mit Einzelausstellungen in Kunsthaus oder Kunsthalle verbunden sein sollen. Wünschen würde ich mir, dass aus der freien Szene heraus viel mehr auch große Projekte entwickelt werden, ohne den Fatalismus, dass das sowieso nicht realisierbar sei. Die traditionellen Institutionen BBK und Galerieverband sind eher etwas müde, aber in der ganz jungen Szene gibt es erfreulich viele Initiativen, mit denen ein Projekt wie die Jugendbiennale artGenda auch zusammenarbeiten wird. Die Kulturbehörde kann und soll eine aktive Kunstszene nicht ersetzen, sondern fördern.
Aber mit den Auftragsvergaben der „Kunst im öffentlichen Raum“ werden direkt künstlerische Schwerpunkte gesetzt.
Ja, unbedingt! Und es ist für mich vielleicht der größte Erfolg, dass es gelungen ist, trotz immer im Raum stehender Forderungen keine ästhetische Aufrüstung der Stadt betrieben, sondern einen experimentellen Raum für Künstler bereitgestellt zu haben, bei allem Risiko des Scheiterns. Das Internet als öffentlichen Raum mit zu berücksichtigen oder Park Fiction – samt allen Ärgers, den die Kulturbehörde sich damit eingefangen hat – nirgendwo sonst ist ein solches Programm möglich. Darauf sollte Hamburg stolz sein und das Potenzial endlich auch in der Konkurrenz zu anderen Städten viel stärker ausbauen. Außendienst war ein super Erfolg, wir hatten da höchst spannende und herausfordernde Projekte. Außendienst war auch für mich ein prima Abschluss...
... obwohl der dritte Teil unauffällig beerdigt wurde?
Manchmal ist es klüger, konsequent aufzuhören, als ein Projekt am Ende inkonsequent zu verwässern. Schließlich hatten wir keinen EXPO-Etat, und für Großprojekte wie Jorge Pardos schwimmendes Schwimmbad auf der Alster oder das gläserne Bierhaus wurden leider Sponsorenzusagen zurückgezogen.
Wird es noch einen offiziellen Projektabschluss geben?
Ja, der Katalog erscheint Ende des Jahres.
...und Pläne für Stuttgart?
Ich lasse das ganz neugierig auf mich zukommen. Ich bin dort unter anderem für Grundsatzplanung und übergreifende Projekte aller Sparten zuständig. Es reizt mich, wieder stärker auch mit anderen Bereichen als der Bildenden Kunst zu tun zu haben. Und was das Private angeht: Wir werden mitten im Weinberg wohnen, und als leidenschaftlicher Snowboardfahrer ist man viel schneller in den Alpen.
Interview: Hajo Schiff
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