: Erneut entwichen
■ Museen gewarnt: Gemäldehassender Psychiatrie-Patient nicht zurückgekehrt
Der als „Dürer-Attentäter“ bekannt gewordene Hans-Jochim B. ist nach einem Ausgang am Montag nicht in das Haus 18 der forensischen Psychiatrie des Klinikums Nord in Ochsenzoll zurückgekehrt. Auch gestern fehlte von ihm noch jede Spur. Die Polizei sucht ihn mit Zielfahndern und warnte Museen, denn B. ist noch nie gegenüber Menschen, wohl aber gegenüber Bildern gewalttätig geworden. In den 70er und 80er Jahren bespritzte er wertvolle Gemälde mit Säure – unter anderem drei Bilder von Al-brecht Dürer in der Münchner Pinakothek. Dabei richtete er Schaden in dreistelliger Millionenhöhe an. Das Münchner Landgericht verurteilte ihn 1989 zu zwei Jahren Haft und Unterbringung in der Psychiatrie.
Seit 1990 ist er Patient im Klinikum Nord. Bereits 1998 war er bei einem Spaziergang im Park ausgebüxt. Zwei Tage später kam er freiwillig zurück: Er hatte sich nur das Brandenburger Tor ansehen wollen. Der 63-Jährige gilt als kaum therapierbar. Die behandelnden Psychiater hatten sich lange geweigert, ihm Lockerungen wie unbegleitete Ausgänge zu gewähren. „In unseren Stellungnahmen hatten wir regelmäßig darauf hingewiesen, dass bei insgesamt sehr problematischen Kriminalprognose Lockerungen mit erhöhten Risiken behaftet seien“, sagt Guntram Knecht, Leiter der forensischen Abteilung des Klinkums.
Die Gerichte aber konzentrierten sich auf die Frage der Verhältnismäßigkeit und drängten seit Jahren auf Vollzugslockerungen, damit B. nicht eines Tages unvorbereitet in die Freiheit entlassen wird. Im Juli 2000 verpflichtete das Landgericht das Klinikum zu stufenweisen Lo-ckerungen. „Dagegen hat das Krankenhaus keine Beschwerde eingelegt“, sagt Gerichtssprecherin Sabine Westphalen.
Siegmar Eligehausen, Sprecher des Landesbetriebes Krankenhäuser, hingegen argumentiert mit den vorangegangenen Urteilen, durch die ebenfalls Lockerungen erzwungen werden sollten, weshalb eine weitere Beschwerde sinnlos erschien. Er schätzt die Gefahr, die von B. ausgeht, „eher gering“ ein. Trotzdem hat die Hamburger Kunsthalle gestern angekündigt, den Wachschutz zu verstärken. Und die CDU reagierte schnell und nutzte den Vorfall für eine Anfrage an den Senat. Sandra Wilsdorf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen