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Wie wenig Protest darf‘s denn sein?

Der größte deutsche Atommülltransport läuft „weitgehend störungsfrei“ durch die Republik, so die Behörden. Die Anti-Atom-Bewegung feiert ihre Aktionen trotzdem als Erfolg: Bislang seien Transporte nach Frankreich quasi protestfrei gewesen

von NICK REIMER

„Weitgehend störungsfrei“, meldete der Bundesgrenzschutz gestern, sei der größte deutsche Atommülltransport durch die Republik gerollt. Bis Redaktionsschluss sind nur in Hamburg, Uelzen, bei Bonn und Maschen kleinere Protestaktionen der Anti-Atom-Bewegung registriert worden. Im Hamburger Stadtteil Eidelstedt hielten in der Nacht zum Mittwoch zwei Dutzend Aktivisten den Teilzug aus Brunsbüttel 20 Minuten lang auf. Der Transport aus Stade sei mit einer Stunde Verspätung auf dem Bahnhof Maschen angekommen, wo er mit den Waggons aus Brunsbüttel zusammengekoppelt wurde. Bei Uelzen habe eine Gleisblockade von etwa 300 Aktivisten eine Umleitung über Bremen erforderlich gemacht.

Der größte Atomschrottzug aller Zeiten rollt durch Deutschland – und der Protest bleibt aus? Schläft die Anti-Atom-Bewegung? „Wir sind zwar nicht an einem Ort mit großen Menschenmassen aktiv, aber unser Kleingruppenkonzept zeigt Wirkung“, erklärt Jochen Stay von „X-tausendmal quer“. Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg sekundiert: „Vor zwei, drei Jahren waren es allenfalls eine Handvoll Greenpeace-Aktivisten, die mit Aktionen auf Transporte nach Frankreich aufmerksam machten.“ Insofern hätten die Proteste jetzt eine neue Qualität. Nicht nur das – auch in Frankreich gebe es jetzt registrierbaren Protest.

Natürlich, räumen die Aktivisten ein, sei es leichter, den Protest im Wendland zu organisieren. Dort gebe es eine regionale, organisch gewachsene Widerstandskultur, die „von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird“. Dass jetzt die Bauern mit ihren Treckern nicht an die Strecke gefahren sind, ist für Ehmke normal: „Schließlich haben wir Erntezeit.“ Und Heike Doninger von der BI räumt ein, „dass es leichter ist, vor der eigenen Tür zu kehren“. Die Wendländer begönnen derzeit, den Protest gegen den im Oktober erwarteten Transport vorzubereiten.

Eduard Bernhard, Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), sieht zudem die repressiven Maßnahmen der Polizei beim letzten Gorleben-Transport wirken. „Viele, die protestieren wollen, sind geschockt von den vielen Strafverfahren, die eingeleitet wurden“, sagt Bernhard. Nach seinen Angaben sind weit über 400 Verfahren anhängig. Nicht zuletzt die Bilder aus Genua würden Wirkung zeigen: „Die Medien berichten kaum über argumentativen Protest“, klagt Bernhard. „Sie wollen den Krawall.“ Viele Menschen, die „einfach nur ihre Überzeugung zeigen wollen“, hätten Angst in diesen Strudel zu geraten.

Begleitet von einer Mahnwache wurden am Nachmittag insgesamt zwölf Atommüllbehälter aus fünf AKWs im rheinland-pfälzischen Wörth zusammengekoppelt: zum bislang größten Atomtransport. Allein in Norddeutschland setzten Polizei und BGS gut 1.000 Beamte ein. Genauere Angaben wollte der BGS nicht machen. Zwar nahm die Zahl der Aktionen zu, doch der BGS kam nach eigenen Angaben mit „weniger Kräften“ aus.

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