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GELD IST BLAU: SPRINGERS SERIÖSESTE ZEITUNG WIRD WERBETRÄGERWas kostet die Welt?

Zielte früher die Frage nach „der Couleur“ einer Zeitung auf ihre politische Ausrichtung, so kann sie im Fall der Welt künftig mit „AOL-blau“ beantwortet werden. Aber der Reihe nach: Insgesamt 30 Millionen Mark war es dem Internetanbieter America Online (AOL) wert, ein Fußballstadion in „AOL Arena“ umzutaufen. Damit sich die Investition lohnt, muss sie auch verbreitet werden. Und weil AOL ein finanzstarker Global Player ist, war schnell ein williger Werbepartner gefunden: Springers Welt erscheint heute mit einer AOL-blau eingefärbten Titelseite.

Nun hält nicht nur der Deutsche Journalistenverband die blaue Welt keineswegs für ein „innovatives Konzept“ (Springer), sondern für „problematisch“. Einen „Verstoß gegen den Pressekodex“ wittert auch die Gewerkschaft Ver.di – wegen der unscharfen Trennung von gewerblichen und redaktionellen Inhalten. Doch wozu die Aufregung? Auch wenn die Welt ihr Erscheinungsbild in den Dienst eines Anzeigenkunden stellt, trägt sie natürlich nicht ihre Integrität zu Markte – denn sie hat keine. Das Blatt schielt ja schon lange auf jene „junge Info-Elite“ (Springer), der Deals dieser Art keine Bauchschmerzen mehr bereiten. Ebenso groß wie die Aufregung ist daher der gewünschte Effekt für beide Beteiligten: Darüber reden heißt dafür werben.

Beschwert hat sich jedenfalls noch niemand darüber, dass etwa die Zeit ihren Titel an einen Uhrenhersteller verpachtet hat. Und dass noch kein Mercedes-Stern am Kiosk liegt, ist nach Springer-Logik nur mangelnder Innovationsfreude zu schulden. Alles eine Frage des Preises, mehr nicht.

Über den Preis aber haben die Welt und AOL „Stillschweigen“ verabredet, wie bei fragwürdigen Geschäfte üblich. Doch wer ihr daraus einen Strick drehen will, macht die Welt paradoxerweise besser, als sie ist. Wenn sich eine Zeitung, die wie keine andere das Hohelied der freien Marktwirtschaft singt, nun sogar Leitartikel vom „Kunden“ grundieren lässt, handelt sie nur konsequent gemäß der eigenen Doktrin. Und die ist schwarz wie die Druckerschwärze auf blauem Papier. ARNO FRANK

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