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berliner szenenMandy Handy

Wo wären sie nur ohne?

Heutzutage hat ja fast jeder Berliner ein Handy. Ohne geht’s einfach nicht mehr. Ohne Handy könnten sich manche Freunde mitunter nur noch sehr, sehr schwer treffen – weil sie den Weg zum verabredeten Treffpunkt nicht finden. Verabredungen würden platzen, die Menschen würden vereinsamen.

In einem Imbiss in der Torstraße warten zwei etwa 16-Jährige auf ihren Döner Kebab mit „viel Fleisch und Soße zum Mitnehmen“. Und auf einen Freund. Ein Handy meldet sich per Melodie „Freude schöner Götterfunken“, der Besitzer sagt „Hallo“ und „wir stehen gerade im Imbiss. Wo bist du denn, Mensch? Wir waren hier doch verabredet?“ Kurzes Schweigen zuerst, gefolgt von einem Lachen: „Mann, eh, das ist der verkehrte Imbiss. Musst auf die andere Straßenseite gehen, schräg gegenüber stehen wir. Siehst uns? Nee? Echt nicht? Warum denn nicht? Dann geh ich mal vor die Tür. Du auch, ja? Na? Jetzt siehst du mich, oder? Ah, Alter, da bist du ja! Komm endlich rüber!“ Schnell wird noch ein dritter Döner bestellt.

Szenenwechsel: Lauschiger Abend im Görlitzer Park. Wir grillen. Neben uns brutzelt es auch. Weiter hinten auch. Eine größere Runde sitzt zusammen, nach und nach kommen immer mehr Leute. Alle haben den Grillplatz leicht gefunden. Eine offenbar nicht. Denn ein Handy klingelt. Und es folgt die genaue Beschreibung, wo die Runde sitzt. „Habe ich dir doch schon heute Vormittag genau erklärt. Immer nur gerade durch den Park, durch die Senke am Sportplatz vorbei, rechts neben der Anhöhe, da sitzen wir. Klar?“ Klar.

Oder auch nicht. Nach einer Minute klingelt es noch mal: „Nein, es sind schon ein paar Meter von der Skalitzer bis zu uns hier. Wenn du den Hähnchenimbiss im Rücken hast, musst du doch nur schnurgerade dem Weg folgen. Kommst genau auf uns zu. Ja, ganz leicht. Bis gleich dann.“ Denkste: Paar Minuten später bimmelt es wieder. Jetzt scheint der Angerufene bereits leicht genervt. „OK, also idiotensicher. Ich geh mal auf den Weg rauf. Warte . . . gleich . . . siehst du mich jetzt? Nein? Ich winke mal? Jetzt? Na endlich. Das bin ich! Hier sitzen wir! Endlich geschnallt?“

Offensichtlich. Nach drei, vier Minuten trifft die Suchende ein, die blonde, leicht verlegen wirkende Frau, wird mit großem Hallo begrüßt. Wo wäre sie nur ohne ihr Handy gelandet? Wahrscheinlich auf einer ganz anderen Grillparty.

ANDREAS HERGETH

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