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Zwei Scheißspiele verloren

■ DFB-Pokal: Während sich die St. Pauli Amateure gegen Frankfurt wacker schlugen, blamierten sich die Erstligaprofis nach Kräften beim Regionalligisten Darmstadt 98

Aus diesem Stoff sind Heldensagen gemacht. Vorausgesetzt, der Regisseur hat nicht kurz bevor der Vorhang fällt den entscheidenden Aussetzer. 90 Minuten lang lieferten die Amateure des FC St. Pauli den zwei Klassen höher spielenden Frankfurtern einen engagierten Kampf und zwangen den Bundesligaabsteiger sogar in die Verlängerung – und bis in die schicksalsträchtige letzte Minute. Und dann ein Pfiff, Elfmeter, Torjubel.

Doch, das behagte nur etwa 800 der 5600 schwitzenden Zuschauern am Sonnabend am Millerntor. Denn Schiedsrichter Torsten Koop hatte nicht dem wackeren David, sondern dem favorisierten Goliath den finalen Rettungsschuss zugesprochen. Und wurde damit zum tragischen Heros des Drehbuchs, hatte er doch nach dem tumben Foul des eingewechselten Arkadeusz Trochowski keine andere Wahl, als per Pfiff für den 0:1-Endstand zu sorgen. Die technische Ausführung übernahm Frankfurts Ervin Skela, der Torhüter Torsten Miethe keine Chance ließ.

Das hollywoodeske Rührstück war damit ausgefallen, die engagiertere Mannschaft musste das Feld als Verlierer verlassen. Während die Frankfurter gelassen bis pomadig den Ball hin und her schoben, ging der St. Pauli-Nachwuchs von Beginn an engagiert zu Werke. Vorne lief es hingegen nicht so rund. Zwar bemühten sich Philipp Albrecht und Gunnar Grien nach Kräften, doch bis auf ein Kopfbällchen (43., Albrecht) gab es kaum Torraumszenen zu vermelden.

Der Strafraum der Braun-Weißen blieb hingegen Tabuzone, was Frankfurts Gerd Wimmer offenbar so in Rage versetzte, dass er nach einer allerwelts-gelben Karte (nach Allerwelts-Foul) so energisch protestierte, dass er des Feldes und unter die Dusche verwiesen wurde – eine Sonderbehandlung, um die ihn das Gros der hitzegeplagten Nordländer beneidete. Recht lapidar fiel denn auch der Kommentar von Eintracht-Coach Martin Andermatt aus: „Lieber ein Scheißspiel und in der Verlängerung gewinnen, als auszuscheiden.“

Nicht einmal 21 Stunden später traten in Darmstadt die vereinseigenen Profis gegen den Ball. Die „Lilien“ waren hochmotiviert, erwarteten sie doch einen Gegner, der im Bundesligavergleich „eher eine hölzerne Truppe“ sei, so Darmstadts Trainer Michael Feichtenbeiner vor dem Spiel. Nach dem 3:1-Sieg seiner Elf hätte er die Kiezianer wohl eher als morsch bezeichnet, denn die ließen sich 90 Minuten lang vorführen. Außer einer kurzen Drangperiode zu Beginn der 2. Hälfte stand das Demuth-Team permanent unter Druck und hätte sich nicht beschweren können, wäre es noch höher in Rückstand geraten.

Nach dem 1:0 (10., Boris Kolb nach leichtfüßigem Doppelpass im 16-Meter-Raum) verwertete Nico Patschinsky per Kopf den einzigen unfallfreien Rahn-Eckball zum Ausgleich (13.), ehe Sascha Maier die Hessen wieder in Führung brachte (21.). Danach spielte nur noch eine Mannschaft: Der Regionalligist aus Südhessen konnte sich sogar den Luxus erlauben, sieben, wenn nicht acht hundertprozentige Chancen zu vergeben und erst in der Schlussminute durch Audenzio Musci den 3:1-Endstand zu markieren.

Während elf von der Hitze (nicht vom Laufpensum) ausgepowerte, inspirationslose Braun-Weiße vom Platz schlichen, machten sich auch Markus Lotter und Ali Mansourian auf den Weg in die Katakomben. Trotz des spielerischen Offenbarungseides waren beide erneut nicht zum Einsatz gekommen.

Christoph Ruf

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