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Bahn überrascht mit hohem Gewinn

Halbjahresbericht fällt besser aus als erwartet. Für das Gesamtjahr stehen dennoch rote Zahlen an, weil die Bahn ihre „Investitionsoffensive“ startet. Schienennetz bleibt voraussichtlich doch beim Konzern, endgültige Entscheidung fällt im Herbst

von KATHARINA KOUFEN

Die Deutsche Bahn hat im ersten Halbjahr 2001 ihre eigenen Gewinnerwartungen übertroffen. Vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen blieb dem Unternehmen ein Plus von 1,2 Milliarden Euro – 11 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres.

Der Personenverkehr nahm um 1,8 Prozent zu, was in erster Linie dem Fernverkehr zu verdanken ist. Der Güterverkehr steigerte sich nur noch um 0,4 Prozent. Dies habe mit der schwächeren Konjunktur zu tun, hieß es aus der Berliner Bahn-Zentrale. Auch sei es schwer, das Niveau vom letzten Jahr zu halten, als der Exportboom der Gütersparte DB Cargo viele Aufträge bescherte. Dass der Transport auf der Schiene überhaupt noch zulegen konnte, verdanke die Bahn dem guten Zustand der Stahl- und Mineralölbranche, meint Bahnsprecher Uwe Herz.

Der Umsatz des Gesamtkonzerns stieg im Vergleich zum ersten Halbjahr 2000 um 2,7 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro. Dies führt die Bahn, neben der Verkehrssteigerung, auf drei Tatsachen zurück: Erstens drängen immer mehr fremde Anbieter auf die Schienen. Allein die Vivendi-Tochterfirma Connex ist mittlerweile mit 10 Verkehrsgesellschaften am Bahnbetrieb beteiligt. Folglich stiegen für die Deutsche Bahn AG die Einnahmen aus der Trassenvermietung innerhalb eines Jahres von 42 auf 66 Millionen Euro, also um fast 60 Prozent.

Zweitens machen sich die Einnahmen aus der Vermietung von Kiosken, Läden und Imbissbuden in frisch renovierten Bahnhöfen wie Köln und Hannover bemerkbar. Und drittens ist das Unternehmen effizienter geworden. Herz: „Mit weniger Mitarbeitern machen wir einen höheren Umsatz.“ 3.317 Menschen weniger als noch zu Jahresbeginn arbeiten heute bei der Bahn.

Für das Gesamtjahr rechnet die Bahn dennoch nicht mit schwarzen Zahlen, weil sie in den kommenden Monaten „eine Investitionsoffensive“ starten will. 79 Milliarden Mark fließen bis 2005 in die Fahrzeugflotte, ins Schienennetz und in die Sanierung der Bahnhöfe. Bis 2004 geht der Konzen deshalb von roten Zahlen aus. Im Halbjahresbericht mache sich diese „Riesenoffensive“ noch nicht bemerkbar, weil die Bahn erst seit April die Zusage der Bundesregierung habe, dass sie in den nächsten drei Jahren mit 26 Milliarden Mark rechnen könne, so Herz. „Vorher konnten wir nicht planen.“

Unterdessen beraten Experten aus dem Verkehrsministerium, von der Bahn und aus der Wirtschaft weiterhin über eine mögliche Neuordnung des Bahnbetriebs. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird die „Task Force“ zu dem Ergebnis kommen, die für die Schienen verantwortliche DB Netz solle unter dem Dach des Gesamtkonzerns bleiben. Um diese Frage hatte es im Frühjahr Streit zwischen Bahnchef Hartmut Mehdorn und Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) gegeben: Bodewig favorisierte eine Herauslösung des Schienennetzes, Mehdorn wandte sich strikt dagegen. Das Resultat ihrer Verhandlungen will die Expertenrunde im Herbst vorstellen.

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