: kachelwettbewerb: das böse ist unter uns
Weiter geht es im Sommerreigen der Scheußlichkeiten. Die Geißel der Menschheit sucht mit ihren klammen Fingern nach weiteren Opfern. Gerade unter empfindsamen Menschen findet die Badezimmerkachel ihre bedauernswerte Beute. Die sie betört und verwirrt. Indem sie chamäleongleich ihre Farben wechselt. Wie sich bei dem hier abgebildeten Foto des Grauens erahnen lässt. Die Kacheln auf dem Bild sind eindeutig lila, doch werden sie vom Betroffenen als rosa beschrieben. Eingesandt hat das Foto Dorian Walter, dessen Zeilen die ganze furchterregende Macht der Badezimmerkachel spüren lassen: „Spät in der Nacht schlafen gegangen, müde und zerschlagen von der langen Reise, wachte ich in den frühen Morgenstunden auf und sehnte mich nach einer kühlen Dusche. Es war eine dieser heißen Sommernächte, in denen man sich von der einen zur anderen Seite wälzt und das Laken aus dem Bett verbannt. Über den Flur tastend, stand ich einen Schritt später in diesem verwirrenden Chaos aus – kreisch – rosa Blüten, die sich zusammenschließen in immer wiederkehrenden fraktalen Mustern. Dann: Schwindel, Schwanken, hilfloses Um-sich -Greifen, bis ich zum zweiten Mal in dieser Nacht erwachte und verschwommen meine Hand in diesem Rot liegen sah, das sich klebrig anfühlte wie Blut. Halbwach ließ ich fast spielerisch den Zeigefinger der rechten Hand hindurchgleiten, um dabei eine Blume freizulegen, die in mir eine zarte Erinnerung wach werden ließ an das Fallen und Aufschlagen hierhin, wo ich jetzt lag: ‚Valentino‘, ‚Valentino‘, ‚Valentino‘ . . .“ – hier bricht der Text ab, und wir müssen uns ernsthaft fragen, ob Dorian Walter allein gelassen werden sollte in seinem Kampf mit dem Bösen. Fraglich ist überdies, ob dieses Foto des Schreckens zum Schluss den Preis gewinnt. Eins allerdings ist gewiss: Das Böse ist unter uns.
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