: Neue Module für junge Arbeitslose
In vielen Ländern liegt die Jugendarbeitslosenquote weit über der der Erwachsenen – in Rom zum Beispiel sind es 44 Prozent. Gewerkschafter aus ganz Europa suchen ab heute auf einer Hauptstadtkonferenz nach gemeinsamen Wegen aus der Misere
von RICHARD ROTHER
Über Wege aus der hohen Jugendarbeitslosigkeit beraten Gewerkschafter aus ganz Europa ab heute bei einer Hauptstadtkonferenz in Berlin. Auf dem viertägigen Treffen, an dem Delegationen aus fast allen Hauptstädten teilnehmen, soll die Wirksamkeit der unterschiedlichen Maßnahmen und Programme der Länder untersucht werden, wie der DGB Berlin-Brandenburg gestern mitteilte. Am Donnerstagabend wird der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Konferenzteilnehmer empfangen.
Allein in der Region Berlin/Brandenburg sind derzeit rund 67.800 Jugendliche arbeitslos, davon etwa die Hälfte in Berlin. Das ist ein Anteil von mehr als 13 Prozent. „Wir müssen im vereinten Europa vor allem für die Anpassung der Bildungs- und Sozialstandards sorgen, um den Gefahren einer Hinwendung der Jugendlichen zu rechtsextremem Gedankengut wirkungsvoll zu begegnen“, sagte DGB-Vizechef Bernd Rissmann. Wie groß die Unzufriedenheit der europäischen Jugend mit ihren Lebensbedingungen sei, hätten die regen Proteste in Göteborg und Genua gezeigt. Die Gewerkschaften müssten diese Protesten gegen die neoliberale Politik unterstützen und sich endlich „europäisch aufstellen“, forderte Rissmann.
„Trotz des Euros sind wir noch meilenweit von einem vereinten Europa entfernt“, führte Rissmann weiter aus. Die Hauptstadtkonferenz werde sich deshalb auch mit den unangemessenen Gewaltanwendungen durch Polizeikräfte gegen friedliche Demonstranten befassen.
Die Jugendarbeitslosigkeit habe sich in vielen europäischen Ländern Besorgnis erregend entwickelt, so Rissman. In vielen Ländern liege die Jugendarbeitslosenquote weit über der der Erwachsenen – in Rom etwa beträgt sie 44 Prozent, in Madrid 30 und in Glasgow rund 25 Prozent. Dies liege zum Teil an dem Ausbildungssystem, das durch nicht betriebliche Lehrstellen geprägt sei.
Auf der Konferenz wollen die Gewerkschafter deshalb die unterschiedlichen Systeme und Programme der europäischen Länder vergleichen und Lösungsansätze erörtern. Beispielgebend könnte das dänische Modell „Euro Alpha“ sein, sagte Rissman. Bei diesem Modell werden jugendliche Sozialhilfeempfänger in sechs Modulen an eine Ausbildung herangeführt und im Anschluss an das Projekt individuell betreut.
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