strafplanet erde: gesprächskultur mit drogentest von DIETRICH ZUR NEDDEN
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Ein Gespräch über Bücher muss nicht zwangsläufig grauenhaft sein. Der Bestseller im kommenden deutschen Biecherherrrbst könnte beispielsweise so beginnen: „Es war still und friedlich im Wald. Die Tiere waren unterwegs und sammelten Futter für das Mittagessen oder lagen träge auf der Wiese am Waldrand herum und erzählten sich das Neueste.“

Das ist der Anfang von „Pixi auf großer Fahrt“. Bleibt spannend bis zum Schluss. Was man von dieser Kolumne bis hierhin nicht behaupten kann. Und ihr Spannungsbogen senkt sich noch weiter, wenn ich jetzt mit dem Stichwort „Kommunalwahlkampf“ komme. Ja! In unserer Gegend tobt momentan der Kommunalwahlkampf wie irrsinnig. Das heißt: Es ist weiterhin recht ruhig. Es wäre noch ruhiger, wenn die Parteien nicht Plakate klebten: „Die Zukunft liegt nicht nur in unseren Genen, sondern in unseren Herzen.“ Das Tollste an dem Satz ist ja das „nur“. Und das Allertollste, dass es ein zweites Plakat der CDU gibt, das wiederum behauptet: „Zuhause fängt die Zukunft an“.

Home is where the heart is, und im Herzen liegt dann unsere Zukunft drin, und auch in den Genen? In den null Komma eins Prozent der DNA, in dem wir uns von Schimpansen unterscheiden? Trotzdem bleibt das genetische Zuhause mit Herz noch Zukunftsmusik, während Pixi längst auf großer Fahrt ist. Nach Mazedonien womöglich. „Wir sprechen mit den Soldaten über die Frage Tod und den sich daraus ergebenden Konsequenzen“, sagte ein Bundeswehr-Offizier in den Sat.1-Nachrichten am 23. August. (Es folgte ein Spot für das Scheuermittel „Viss – Gründlich, aber sanft“.) Ist diese Form der fürsorglichen Truppenbetreuung der Vorbote einer neuen Gesprächskultur? Hoffentlich, denn in anderen Bereichen verkümmert sie.

Das klassische Einstellungsgespräch bei Bewerbungen um einen Arbeitsplatz zum Beispiel wird immer häufiger verdrängt durch einen selbstverständlich freiwilligen Drogentest. Gesucht wird nach Spuren illegaler Drogen, klaro. Bei VW wird, wie ein Werksarzt einräumte, „unter anderem auch auf Anzeichen für Diabetes“ getestet. Ein anderer Arbeitsmediziner gestand allerdings inoffiziell, dass in einem Versuch „bereits der Genuss von Mohnkuchen zu einer positiven Opiatprobe“ geführt habe. Statt jetzt der Frage nachzugehen, wie weit hinauf in der Hierarchie auf welche Drogen getestet wird – „Größenphantasien sind in der Wirtschaft üblich. Nur dann gilt man als erfolgreich“, war im Spiegel zu lesen –, könnte man sich genauso gut bei Kaffee und Mohnkuchen zusammensetzen mit Sebastian Turner, dem Chef der Werbeagentur „Scholz & Friends“, der unlängst in der Zeit feststellte: „Das Land wird jedenfalls leichter, lockerer. Ein Beispiel: Wir können heute offener über Profit reden.“

Aber da kehrt Pixi von großer Fahrt zurück: „Er hatte viel zu erzählen.“

Fehlt nur noch das adulte Stammzellenzitat, aus dem diese Kolumne entstanden ist: „Dort wo das Miteinander-Reden zum Gespräch gemacht werden soll, wird es grauenhaft.“ Sagte Thomas Bernhard. In einem Interview.