: Fürs Volk einen Aussichtsturm
■ Der Hemelinger Beirat stimmt gegen den Bebauungsplan für die neue Trainingsbahn / Kritik: Fehlendes Konzept, Flächenfraß und elitäre Nutzung
Neue Runde im Streit um die geplante Pferdetrainingsbahn in der Arberger Marsch: Der Ortsbeirat Hemelingen hat in seiner Sitzung am Donnerstag sowohl gegen die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans und den Bebauungsplan selbst, als auch gegen die Aufhebung von Landschaftsschutzbestimmungen votiert. Während Grüne und PDS nach wie vor aus inhaltlichen Gründen gegen das Projekt sind, kritisierten die Sozialdemokraten die Informationspolitik der Verwaltung.
Man werde nur stückchenweise auf dem Laufenden gehalten, sagte Beiratssprecher Kurt Schuster, „eine Salamitaktik“. Der Beirat habe schon mehrmals eine Gesamtkonzeption für das Gebiet der Arberger/ Mahndorfer Marsch eingefordert – vergeblich. Schließlich sei die 65 Hektar große Trainingsbahn nicht ohne den ebenfalls geplanten, zehnmal so großen Gewerbepark jenseits der Hansalinie zu denken, meinen die Kritiker.
Ihnen geht es unter anderem um die zukünftigen Verkehrsströme, aber auch um die Frage der Ausgleichsflächen für die Gewerbebebauung. Der Platz dafür werde nach dem gegenwärtigen Planungsstand nämlich langsam knapp, schwant SPD-Mann Schuster. Und manche fragen sich, warum die Reitanlage mit Hotel, Wohnungen und Ställen für die Pferde nicht auch als „gewerblicher Betrieb“ behandelt und hinter die A1 verbannt wird.
Indes: Die Pflöcke für die Rennbahn sind eingeschlagen, und die SPD könnte mit den aktuellen Planungen für die – wegen des Konflikts mit der St.-Johannis-Kirche in Richtung Mahndorfer Dühne gewanderte – Trainingsbahn auch durchaus leben. Devise des Beiratssprechers: Wo heute Rasen ist, wird auch in Zukunft Rasen sein. Mit dieser Sichtweise dürfte die lokale Bürgerinitiative gegen die Trainingsbahn ihre Problem haben.
Diese werde lediglich „just for fun“ für einen exklusiven Kreis von Pferdefreunden gebaut – die überdies jede Menge Verkehr produzieren würden. „Wir haben da rein gar nichts von“, so Anwohnerin Gisela Lohsze-Trommsdorff. Da helfen auch ein Ausichtsturm am Rand der umzäunten, hinter einer Hecke verborgenen Anlage und ein Wanderweg mit gemeinnützigen Sichtfenstern nicht weiter.
In einer Pressemitteilung beklagen auch die Hemelinger Grünen, dass sich in der Marsch künftig nur noch „wenige Privilegierte auf Kosten des Steuerzahlers mit ihren hochgezüchteten Pferden amüsieren“ werden. Durch den Bau der Trainingsanlage würden den Arbergern und Mahndorfern die letzten wohnortnahen Erholungsflächen genommen. Mit ihm beginne die Zerstörung eines einzigartigen Natur- und Lebensraumes.
Das Bauressort will nun in den nächsten Monaten dem Beirat eine Gesamtplanung für das Gebiet präsentieren. Zur Zeit werde noch an konkreten Details gearbeitet. Ob der Beirat nach dem neuen Beirätegesetz das Recht hat, innerhalb von vier Wochen informiert zu werden, war den Beteiligten gestern unklar.
hase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen