: Kein König für ein Kaffeereich
Warum hunderte Geschäfte in Jordanien ihre Namen und Werbeschilder ändern müssen
AMMAN taz ■ Die Verwaltung der Hauptstadt des Königreichs Jordanien hat damit begonnen, in Downtown Amman Leuchtschriften und Reklametafeln abzumontieren, mit denen die unterschiedlichsten Geschäfte für ihre höchst unterschiedlichen Angebote werben. Häufig ist das Einzige, was sie eint, auch das, was die Stadtverwaltung stört . . .
Betroffen sind all jene Unternehmen, die ein „König“ in ihrem Geschäftsnamen tragen – meist kleine Läden wie „Melik ’ahve“, also „Kaffee König“, oder Imbissbuden wie „Der König des Falafel“ oder „Fisch-König“. Die Stadtverwaltung, so erklärt selbige auf Anfrage, wolle auf diese Weise der Tatsache Respekt zollen, dass es in Jordanien nur einen König gebe – und folglich solle auch keiner der Untertanen sich oder sein Geschäft mehr krönen dürfen. Dass es in Jordanien zwei Königinnen gibt – Rania, die Gattin von Abdallah II, und Nur, des Exkönigs Witwe, der Hussein lebenslang die Krone vererbte –, das jedenfalls soll an dieser Stelle lediglich kommentarlos eingeworfen werden, da dieses Märchen aus tausendundeiner Nacht ja von einem König handelt.
Es geht also um eine Art royalistischen Titelschutz, wenngleich der nicht gesetzlich festgelegt ist. Nein, die Stadtverwalter haben schon vor mehreren Monaten strengere Richtlinien erlassen, die in Form von Anordnungen bestimmen, wie kommerzielle Aushänge – das heißt: Werbeschilder – auszusehen haben respektive nicht. Und dabei haben sie auch – von heftigen Royalismen durchlaucht – entschieden, dass „König“ kein zulässiger Geschäftsname sei. Gleichzeitig, das betonen die Stadtverwalter, seien die Inhaber bereits existierender Läden, die sich wie auch immer mit einem König adelten, darauf hingewiesen worden, dass damit bald Schluss sei. Und bald ist eben jetzt.
Der Besitzer des besagten „Kaffee König“ nahm das städtische Edikt gelassen. Er ersetzte sozusagen des Königs „ö“ und „i“ – nämlich in dem arabischen Pendant „Melik“ die Buchstaben „e“ und „i“ – durch „e“ und „a“. Damit wurde der König „Melik“ aber nicht einfach zu einem „Kenag“, sondern zu einem „Melak“. Majestätsbeleidigung ist das indes keineswegs. Falls es so etwas überhaupt geben sollte, ist es eher die himmlische Adelung eines Königs auf Erden, bedeutet „Melak“ doch nichts anderes als Engel.
Eine große internationale Fleischklopsbrötchen-Kette, in deren Logo die englische Übersetzung von König prangt, sei übrigens nicht von den honorigen städtischen Anordnungen betroffen. Allerdings ist diese Entscheidung wohl nicht einem mangelnden Vertrauen in die Englischkenntnisse von Jordanier und Jordaneuse zuzuschreiben. Vielmehr dürfte sie der Steuergeldkraft der Hamburger-Bräter geschuldet sein. Kurz: Das „King“ gehe in Ordnung, meinen Ammans Stadtverwalter, im Gegensatz zu vielen der von ihnen Verwalteten.
230 Schilder mit der Aufschrift „König“ wurden bereits demontiert und Beobachter fragen sich längst, ob ein Burger-Krieg bevorsteht. Sicher ist nur, dass die königstreuen Apparatschiks monarchischer waren als die Monarchen: Bei Nachfrage erklärten Sprecher Ihrer Hoheiten jedenfalls, Familie König wisse nichts von derartigen Erlassen. JENS HALBERBOCK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen