: Orchster, quo vadis?
■ Wie sieht die Zukunft des Staatsorchesters aus? Ergebnisse einer Arbeitsgruppe
Die Bremer Kulturmarketinggesellschaft (kmb), Philharmonische Gesellschaft und Kulturbehörde berieten schon lange – jetzt gelangte ein Papier an die Öffentlichkeit, dass allerdings noch nicht – entgegen anderslautender Medienberichte – beschlossene Sache ist.
Das von der Arbeitsgruppe erarbeitete Modell sieht eine GmbH mit 51 prozentiger Beteiligung der Philharmonischen Gesellschaft und 49 Prozent für das Land Bremen vor. Vom „bremischen“ Anteil könnten die Musiker nach und nach rund die Hälfte übernehmen. Die derzeitige öffentliche Subventionierung mit 10,5 Millionen Mark würde – im Rahmen eines Fünfjahresvertrages – um eine Million erhöht werden. Allerdings wäre der Zuschuss „gedeckelt“, das heißt, Kostensteigerungen müssten vom Orchester selbst erwirtschaftet werden. Im Rahmen dieses Budgets sollen 87 Musikerstellen finanziert werden, was dem derzeitigen Besetzungsstand des Orchesters entspricht. Keine Rede also von den 99 Stellen, die eigentlich einem A-Orchester zustehen würden. Aber diese „A“-Qualifizierung würde ohnehin im Zug der Tarif-Aufhebung für die bisher beim Land angestellten MusikerInnen wegfallen – bei gleich bleibendem Qualitätsanspruch.
Dass bei einem jährlich erwirtschafteten Defizit von rund 400.000 Mark Handlungsbedarf besteht, bezweifelt keiner der Beteiligten. Allerdings gibt es unterschiedliche Vorstellungen sowohl über die Ursachen (etwa: mangelnde Abonnementen-Betreuung oder mangelnde Flexibilität des Orchesters? Zu hohe Raummiete in der „Glocke“ oder zu hohe Lohnkosten?) als auch über die Auswege.
Das Orchester erarbeitete schon 1999 ein Eigenbetriebs-Konzept, das allerdings vom damaligen Kultursenator Schulte abgelehnt wurde. Die Philharmonische Gesellschaft favorisiert das unter Federführung der kmb entwickelte Modell, um die Defizite zu beseitigen.
Fakt ist, dass jetzt in – sicher nicht einfachen – Verhandlungen versucht werden muss, einen Konsens herzustellen. „Gemeinschaftlich entschieden ist noch gar nichts“, stellt Orchester-Geschäftsführer Axel Ketzer klar.
Auch Intendant Klaus Pierwoß, wichtigster Arbeitgeber des Orchesters, möchte die Vorschläge erst einmal gründlich prüfen. Obwohl 65 Prozent der Orchesterdienste in seinem Haus stattfinden, war er an der Arbeitbeitsgruppe zur Erarbeitung eines neuen Trägerschaftmodells nicht beteiligt worden.
Beschlossen ist also noch nichts. Und selbst die Million, die dem Orchester im Rahmen des GmbH-Modells in Aussicht gestellt wird, kann erst in den Haushaltsverhandlungen Ende des Jahres definitiv zugesagt werden.
Kommenden Dienstag berät sich das Orchester auf einer Vollversammlung. Die Vorsitzende der Kulturdeputation, Carmen Emigholz kommentiert: „Es geht nicht, jetzt eine Politik zu betreiben nach dem Motto: Friss Vogel, oder stirb.“ HB
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