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Fragen über Fragen

Die Kälte der politischen Analyse gegen die Ratlosigkeit: Eine Diskussion über den „postpolitischen SciFi“

Wo sind eigentlich in diesen Tagen die (radikalen) Linken und diejenigen, die sich nicht wohlfühlen mit der nationalen Vereinnahmung in der Trauer? Einige fanden sich am Montagabend nach sechs erschlagenden Tagen vor dem Fernseher in dem Kreuzberger Buchladen „b-books“ zu einer offenen Diskussion über den „postpolitischen SciFi“ ein, um Gedanken und Einschätzungen auszutauschen. Zugleich galt die Runde als erster, so genannter Reality check nach Genua, das von den grausamen Ereignissen in New York und Washington ins politisch-diskursive Hintertreffen gerückt wurde.

Waren vor kurzer Zeit erstmals zarte kapitalismuskritische Stimmen in der hiesigen Öffentlichkeit zu hören, wurde mancherorts gar von einer „Bewegung“ der Gobalisierungsgegner gesprochen, so muss dieser Tage ein erneutes Verschwinden dieser Töne konstatiert werden.

Wie auch umgehen mit einem mystischen, sich antiamerikanisch und antisemitisch gebärdenden Antikapitalismus auf der einen Seite und dem dagegen als humanem Universalismus verteidigten und gefeierten Kapitalismus, dessen strukturelle Gewaltverhältnisse nicht thematisiert werden, auf der anderen? Was ist zu halten von einer unter fanatisch religiösen Vorzeichen so verzerrten Umsetzung des Fanon’schen Aufrufs, den Krieg zurück in die Metropolen zu tragen?

Es bestand Einigkeit an diesem Abend, dass eine linke Position angesichts einer diffusen veränderten politischen Situation wohl zunächst auf die Kälte der politischen Analyse verwiesen ist. Hauptsächlich zeigte sich bei den meisten Diskussionsteilnehmern eine gewisse Ratlosigkeit, waren es vor allem Fragen, die gestellt und aufgeworfen wurden. Was war überhaupt passiert? Worin besteht das Neue der Situation? Was wird durch die Ereignisse katalysiert, was sind ihre innen- und außenpolitischen Konsequenzen? Droht ein „low-level war“ der allgemeinen militärischen Aufrüstung und Verschärfung von Überwachung und Kontrolle weltweit; wie soll man umgehen mit der Konjunktur kulturalistischer Argumentationsmuster?

Rätsel gaben auch die Fragen nach der Logik dieses ersten Terroranschlages auf, dessen Bilder nicht nur „live“ gesendet und verfolgt, sondern im Folgenden immer und immer wiederholt werden konnten, bis sie zu einer Ästhetik des Grauens geronnen. Warum tragen die Anschläge keine Absender, obwohl sie womöglich das Fanal für weitere bezugnehmende Terror- und Guerillaaktionen bilden werden?

Angesichts der Tatsache, dass zumindest sprachlich auch hier bereits ein Krieg und faktisch der Bündnisfall ausgerufen ist, wollten dann einige der Diskutanten doch über mögliche Interventions- und Handlungsstrategien nachdenken. Allerdings gingen, wie so oft, an dieser Stelle die Meinungen weit auseinander und die Ratlosigkeit schien nur noch größer.

Einigen konnte man sich schließlich darauf, dass man diese Diskussion fortsetzen wolle. Und dass es am Tag eines Angriffsschlages und auch danach täglich eine Demonstration geben sollte. Jeweils um 18 Uhr, Weltzeituhr. HANNA KELLER

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