Hilfe! Zinedine Zidane spielt!

Immer dann, wenn der französische Weltmeister aufläuft, verliert Real Madrid

MADRID taz ■ „Wie immer: Kaum ist Zinedine Zidane nicht dabei, gewinnt Real Madrid“, feierte die Sportzeitung Marca den 4:0-Sieg über Lok Moskau in der Champions League. Während der spanische Meister in der Primera Division auf den Abstiegsrängen steht, ging in Europa, wo „Zizou“ Zidane noch für weitere zwei Spiele gesperrt ist, abermals alles ganz leicht. Die Madrilenen zeigten, wie vor einer Woche gegen AS Rom, ein geordnetes, effektives Spiel. „Wir haben mit viel Autorität gewonnen“, lobte Trainer Vicente del Bosque und versucht, Mut für heute zu machen. Da aber geht es mit Zizou gegen Espanyol Barcelona.

Es ist wie verhext: Kaum steht Zidane auf dem Platz, klappt wenig. Von den bisher in der spanischen Liga möglichen neun Punkten holte Real Madrid nur einen. Platz 18 (von 20) ist der Lohn dafür. Del Bosque gelingt es einfach nicht, die Mannschaft um den französischen Mittelfeldspieler herum zu formieren. „Motor“ und „Gehirn“ sollte der teuerste Spieler der Fußballgeschichte werden. Tausende von Anhängern traten in der Sommerpause dem Club bei, um „die beste Mannschaft aller Zeiten“ zu sehen. Zidane, Figo, Raúl, Roberto Carlos sind nur vier der großen Namen, die Real im Jahr des 100-jährigen Vereinsjubiläums unter Vertrag hat. Auf dem Boden der Realität angekommen, werfen die Fans statt Konfetti mit Steinen nach dem Mannschaftsbus. Und ein Teil der Presse schreibt einen Zidane-Verriss nach dem anderen.

„Für mich ist er ein Spieler mehr“, versucht del Bosque zu schlichten, „wir können nicht die ganze Zeit darüber reden, ob er den richtigen Platz einnimmt. Er ist vollständig integriert und wir sind zufrieden mit ihm.“ Doch die Arbeit des Trainers spricht eine andere Sprache: Bei den bisher bestrittenen drei Spielen in der Liga und zwei in der Champions League stellte del Bosque jedesmal eine andere Mannschaft auf. Selbst seine Taktik hat der Coach mit Blick auf Zidane umgeschmissen. Doch auch damit hatte er bisher kein Glück. Zwar schoss Zizou letztes Wochenende seine erstes Ligator, doch am Ende siegte der Aufsteiger aus der 2. Liga, Real Betis Balompie, in Sevilla mit 3:1. Die vielen Stars harmonieren nicht. In der Umkleidekabine werden Stimmen laut, die sich über die hohen Gehaltsunterschiede empören.

Zidane fühlt sich „gestresst“ und tritt nur noch wenig vor die Presse. Wenn doch, dann bittet er um eine Schonfrist. „Langsam, aber sicher“ werde er sich an die Mannschaft gewöhnen, und diese sich an ihn. Wenn es so weit ist, dann werde er „Großes tun“, versichert der Weltmeister. Doch die Kritiker wollen sich nicht gedulden. Spanien ist ein hartes Pflaster. Maradona, Kluivert, Rivaldo oder vor einem Jahr Figo: sie alle mussten dies erfahren. Der Rummel rund um die „Liga der Stars“ braucht spektakuläre Szenen und Tore. Und das um so mehr, wenn es ein Vereinsjubiläum zu vermarkten gilt.

Das wissen freilich alle Spieler und Trainer. „Wir müssen die gute Moral nutzen, um uns jetzt auf die Liga zu konzentrieren“, gibt sich der Schütze des 4:0, Savio, nach dem Sieg über Moskau zuversichtlich. Del Bosque verspricht: „Mit der Zeit werden wir die Situation bezwingen.“ Darauf hat Marca eine ganz spezielle Antwort: „Vielleicht ist das Gute am Vertrag von Zidane, dass der so eine Art Talisman ist. Wenn es darauf ankommt zu gewinnen, darf er einfach nicht spielen.“

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