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Kreuzzüge zu Feldzügen

Die Rhetorik von US-Präsident Bush und seinen Beratern hat in arabischen Ländern großen politischen Flurschaden angerichtet. Die Staatschefs haben schon wegen der Wortwahl der US-Regierung Schwierigkeiten, sich der geforderten Anti-Terror-Allianz anzuschließen.

Auch wenn aus dem „Kreuzzug gegen den Terrorismus“ inzwischen ein „Feldzug“ wurde und der ursprünglich für die geplante US-Militäraktion gewählte Name „Unendliche Gerechtigkeit“ überdacht wird. Der zweite Begriff klingt in den Ohren von Muslimen blasphemisch, da nach islamischem Verständnis absolute Gerechtigkeit nur von Allah kommen kann.

Das Wort Kreuzzug weckt bei Arabern alte Traumata. Schließlich waren die Muslime die Opfer der Kreuzfahrer, die 1095 dem Aufruf von Papst Urban II. zum Krieg der Christenheit gegen den Islam gefolgt waren. Johannes Paul II. hat erst im vergangenen Jahr in einem Schuldbekenntnis erklärt, die Kreuzzüge und Glaubenskriege hätten „das Antlitz der Kirche entstellt“. Die Araber verehren Sultan Saladin, der die Kreuzfahrer aus Jerusalem vertrieb, als großen Helden. So wird etwa der irakische Staatschef Saddam Hussein, der aus Saladins Geburtsort Tikrit stammt, in der staatlichen Propaganda gern mit dem Sultan verglichen.

Mit seiner Wortwahl ist Bush außerdem Ussama Bin Laden in die Falle gegangen. Auch in dessen Ideologie spielen die Kreuzzüge eine wesentliche Rolle. In einem einstündigen Interview von 1998, das der arabische TV-Sender Al-Dschasira in den vergangenen Tagen mehrfach wiederholte, betitelt der saudische Terroristenführer die auf der arabischen Halbinsel stationierten amerikanischen Soldaten als „Heer von Juden und Kreuzfahrern“, die es von heiligem Boden zu vertreiben gelte. DPA

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