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Skeptischer Garstka

Gestern begann die bundesweite Rasterfahndung gegen so genannte Schläfer. Datenschutzbeauftragter will Missbrauch ausschließen

von PLUTONIA PLARRE

Die Rasterfahndung gegen so genannte Schläfer aus dem extremistischen islamistischen Umfeld, die gestern bundesweit begonnen hat, läuft in Berlin bereits seit einigen Tagen auf Hochtouren.

Wie berichtet stützt sich die Überprüfung und der Abgleich der Daten auf Beschlüsse des Amtsgerichts. Es steht allerdings zu vermuten, dass sich die Rasterfahndung nicht nur auf die Hochschulen beschränkt. Ein Stellungnahme dazu war aber gestern weder von der Polizei noch von der Innenverwaltung zu erhalten.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka trifft sich heute mit dem kommissarischen Leiter des Landeskriminalamtes, Peter-Michael Haeberer, zu einem Gespräch über die Rasterfahndung. Nach Angaben von Garstkas Pressesprecherin Anja-Marie Gardain will sich der Datenschutzbeauftragte darüber informieren, wie die Polizei mit den erhobenen Daten umzugehen gedenkt. „Es muss sichergestellt werden, dass die Daten von Unverdächtigen gelöscht werden.“

Eine inhaltliche Kritik an der Rasterfahndung könne Garstka gegenüber Haeberer aber nicht vorbringen, da diese vom Gericht gedeckt sei, so Gardain. Gegenüber der Öffentlichkeit mache Garstka allerdings keinen Hehl daraus, dass er es „grundsätzlich für bedenklich hält, die Daten einer Vielzahl von unbescholtenen Personen in ein Raster zu werfen“. Mit der Rasterfahndung werde das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung umgekehrt, kritisiert auch Gardain.

Wie berichtet, hat das Gericht dem Staatsschutz freie Hand gegeben, Personen mit „vermutlich islamischer Religionszugehörigkeit und vermutlich legalem Aufenthaltsstatus in Deutschland“ überprüfen zu können.

Ein weiteres Kritierium ist die Staatsangehörigkeit. Nach anfänglich 12 sind nun 15 Staaten betroffen. Nach den bundeseinheitlichen Suchkritierien sollen die Fahnder ihr Augenmerk vor allem auf männliche Personen islamischen Glaubens im Alter von 20 bis 35 Jahren richten, die bisher nicht straffällig geworden sind und keine fundamentalistische Grundhaltung erkennen ließen.

Gesucht wird des weiteren speziell nach Studenten technischer Studienfächer, die mehrere Sprachen sprechen, die keine eigenen Kinder haben und finanziell unabhängig sind. Nach all diesen Kritieren werden in öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen die entsprechenden Daten herausgesucht und mit den Daten anderer Einrichtungen abgeglichen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich gestern auf einer Pressekonferenz hinter die Rasterfahndung gestellt. Gemacht werde nur im Großen „was sonst im Kleinen im Kopf eines Kripobeamten abläuft“, meint der Vorsitzende der Berliner GdP, Eberhard Schönberg.

Schönbergs einzige Kritik ist, dass bei der Berliner Polizei aufgrund chronischer Personalknappheit noch mehr Arbeit liegen bleibe, weil Beamten für die Rasterfahndung abgezogen würden.

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