: Eine Kuh umarmen
Vergessene Katastrophen: Wer singt jetzt mit dem erhabenen Rind?
In diesen schweren Zeiten verschwinden manche Alt-Krisen im Orkus der Geschichte. Schlimmer noch: Selbst die Lösungen der schweren Krisen gehen im Schatten der Ereignisse vom 11. September völlig unter. So haben wir einen dringenden Termin verpasst: Die BSE-Krise wurde offiziell beendet. Am Sonntag, dem 30. September 2001, um 17 Uhr. Im baden-württembergischen Eigeltingen. Bei einem Tagesseminar mit dem Titel: „Die Kuh – das unerkannte Wesen“.
„Durch die Entfremdung des Menschen zum Wesen des Rindes ist die BSE-Situation und die Maul- und Klauenseuche entstanden“, deshalb möchte er an der „Beziehung des Menschen zum Rinderwesen konkret arbeiten“, denn nachdem er durch ein Elementarwesen Kontakt zu einer Rinderseele, zum Wesen der Kuh bekam und dabei berührt wurde von der Erhabenheit dieser Kuh, ihre Harmonie spürte und Informationen über Teile ihrer Erdenaufgaben bekam, ist er bemüht, „den Graben zwischen Mensch und Kuh“ zu überwinden, schreibt Fritz Bachmann von der „Lebensnetz-Aktion“ auf seiner Einladung zur Rettung des Rindes. Die wir zwar nicht mehr wahrnehmen können, dafür aber jetzt umso intensiver nutzen wollen, um das Wesen der Kuh zu erkennen. Folgen wir also dem Seminarplan und den Anweisungen des Rinderretters: „Daher schlage ich folgendes Ritual vor . . . Wir lassen das Bild einer Kuh vor unserem Auge erstehen. Wir sehen diese Kuh, die zwischen ihren Hörnern eine Sonne trägt. Die Hörner und Klauen sind golden. Diese Sonne strahlt von den Hörnern in den Körper der Kuh hinein, die Klauen spiegeln sie zurück. Das ganze Tier ist sonnendurchflutet.“ Ein bisschen viel Sonne fürs erste. Geblendet brechen wir den Versuch ab und gönnen unseren Augen erst mal eine Sonnenbrille. Aber auch mit dem teuren Hilfsmittel erscheint kein Rind, lediglich Rinderfreund Bachmann geistert weiter auf und ab: „Wir verbinden uns mit dem Geistwesen der Kühe.“ Die Verbindung ist allerdings noch sehr schlecht, vielleicht müssen wir unser Herz öffnen: „Wir öffnen unser Herz und vereinigen uns mit diesen Herzkräften mit diesem Wesen.“
Hier mag es helfen, wenn wir unsere Hände über dem Herzen kreuzen: „Der Mist wird zur Förderung der Fruchtbarkeit der Erde geschenkt. Wir danken der Kuh auch dafür mit einer Verneigung (Hände vor dem Herzen).“
Wir verneigen uns ehrerbietig vor der Kuh und da – plötzlich geht uns die Seele auf und unser Verhältnis zum Rind entwickelt sich langsam von der physisch-materiellen Ebene immer stärker hin zu einem geistigen Kontakt und wir wagen uns endlich an den bevorstehenden Wandlungsprozess heran. Es funktioniert! „Wir sehen vor unserem inneren Auge, wie dieses erhabene Wesen auf der Erde steht, es nimmt Erdsubstanzen auf und transformiert sie zu Milch. Die Milch wird den Menschen geschenkt, wir verneigen uns in Dankbarkeit und nehmen einen Schluck Milch zu uns (der Leiter des Rituals gibt einen Becher Milch reihum).“ Unsere Augen füllen sich mit Tränen der Seligkeit, denn: „In unserem Herzen begegnen sich das Strahlen, die Weisheit und die Liebe der Sterne sowie die Kraft, die Wärme und die Liebe der Erde. Daraus entzündet sich unsere eigene Herzenssonne, wir spüren unser liebevolles, warmes Strahlen in die Welt hinein ... Mit einem harmonischen Singen verbinden wir uns mit der Kuhseele und danken ihr für ihre Gaben.“ Die so gewonnene, neue innige Beziehung des Menschen zur Kuh ermöglicht es dem Tier nun, seine Gaben in einer freien Opfertat zur Verfügung zu stellen. Dafür bekommt es unsere Liebe und unsere Zuwendung und es kann „Anteil nehmen am Menschsein und vom Menschen lernen“.
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