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Gebärmütter in Gefahr?

■ Der erste Frauengesundheitsbericht ist da / Zu den Schwerpunkten zählen Gewalterfahrungen und Gynäkologie

Jede sechste Frau erfährt in ihrem Leben körperliche Gewalt, jede zehnte erlebt sexuelle Gewalt – zwei Ergebnisse des ersten Bremer Frauengesundheitsberichts. Gesundheitssenatorin Hilde Adolf (SPD) hat ihn gestern im Rathaus vorgestellt.

Frauen werden anders krank als Männer, erklärte Adolf, deshalb habe man für den Bericht Schwerpunkte gewählt, die deutlich machten, dass Frauen auch anders behandelt werden müssten als Männer.

Kernstücke des Berichts sind die Themen „Gewalt gegen Frauen“ und „Gynäkologische Erkrankungen“. Das Bremer Institut für Präventationsforschung und Sozialmedizin (BIPS) hatte 1.100 Bremerinnen befragt und herausgefunden ergab, dass ein Zusammenhang zwischen Gewalterfahrung und späteren Krankheiten besteht. „Langzeitfolgen von Gewalt wie Essstörungen, Depressionen oder Drogenprobleme, werden nicht erkannt und deshalb auch nicht adäquat behandelt“, bedauert Hilde Adolf.

Der zweite, große Komplex des Berichts offenbart Erschreckendes: In Bremen werden Frauen im Vergleich zu anderen europäischen Städten viel mehr Gebärmütter entfernt. Ingeborg Jahn vom BIBS vermutet, dass dasselbe auch für andere deutsche Städte gilt. Erstes Ziel sei nun, mehr über die Gründe für die hohe Entfernungsrate zu wissen. „Aber auch die Betroffenen selbst müssen aufgeklärt werden“, meint Jahr, damit sie sich zum Beispiel vor einer Operation eine zweite Meinung einholten. Die Weiterbildung von ÄrztInnen soll die Situation von Frauen verbessern.

Schließlich geht es in dem Bericht um die Situation von pflegenden Frauen. Denn wenn zu Hause gepflegt wird, sind es meist Frauen, die die Arbeit machen: Drei Viertel der ambulant Pflegebedürftigen werden zu Hause von Frauen gepflegt – mit der Konsequenz, dass die Pflegenden erheblich belastet und eingeschränkt sind. „Mehr Anerkennung“ wünschten sich solche Frauen, heißt es im Gesundheitsbericht, und zwei Seiten später steht, wie's gehen soll: „Das volkswirtschaftliche Einsparpotenzial sollte zumindest eilweise denjenigen, die es erbracht haben, in Form von Qualifizierung, Entlastung und Unterstützung zugute kommen.“

Im professionellen Bereich zeigt sich ein ähnliches Phänomen: Hier arbeiten viele Frauen, doch je höher der Posten desto seltener ist er mit einer Frau besetzt. „Weiterbildung und Qualifizierung“ heißen die Zauberworte, die auch hier Frauen nach vorne bringen soll.

„Man kann aber jetzt nicht alles auf einmal machen“, betont Jahn. In Bremen existiert ein Netzwerk von Einrichtungen, die zum Thema Frauengesundheit arbeiten. Sie sollen laut Jahn künftig noch konzentrierter an Lösungsansätzen für die Probleme arbeiten, die der erste Bremer Frauengesundheitsbericht aufgezeigt hat. Melanie Haselhorst

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