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Scharfe Kurve hat Mitschuld

Nach dem Unfall zweier Züge im Bahnhof Ostkreuz ermittelt die S-Bahn in alle Richtungen

von ULRICH SCHULTE

Nach dem Zusammenstoß zweier S-Bahnen im Bahnhof Ostkreuz am Sonntagabend hat gestern die Ursachenforschung begonnen. „Ob es menschliches Versagen oder eine technische Ursache, etwa ein Signaldefekt, war, ist noch unklar. Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagte gestern Ingo Priegnitz, Sprecher der S-Bahn Berlin, die gemeinsam mit dem Bundesgrenzschutz (BGS) den Unfallhergang zu rekonstruieren versucht. Um 21.06 Uhr war ein Zug der S 8 von der Warschauer Straße her kommend auf eine Bahn aufgefahren, die sich eben in Richtung Westhafen in Bewegung setzte.

Sicher ist bislang nur, dass der Fahrer der S 8 das Gleis erst spät überblicken konnte – vor der Einfahrt in den Bahnhof Ostkreuz fahren die Züge durch eine scharfe Kurve, die die Sicht behindert. Es reichte also wohl nicht mehr für ein erfolgreiches Bremsmanöver. Neun Fahrgäste und der Wagenführer der S 8 erlitten durch den Aufprall leichte Verletzungen wie Prellungen und Abschürfungen. Fast alle Verletzten konnten jedoch nach kurzer Zeit aus dem Krankenhaus entlassen werden, lediglich eine Person wurde gestern noch stationär behandelt.

Die Führerkabine der auffahrenden S 8 wurde beim Zusammenstoß deutlich eingedrückt. Dennoch entstand an keinem der Züge, beide knapp zehn Jahre alt, Totalschaden. Sie konnten eigenständig aus dem Bahnsteig ausfahren.

Auch das Gleis und der Bahnsteig wurden durch den Unfall nicht beschädigt, daher hielt sich der Ärger für Fahrgäste anderer Strecken in Grenzen. Nach eineinhalb Stunden umfuhren Ersatzzüge im Dreiecksverkehr das gesperrte Gleis. Der Ersatzverkehr wurde bis Betriebsschluss beibehalten, am Montagmorgen fuhren die S-Bahnen wieder normal.

Ein weiterer Zwischenfall legte am Sonntagabend die Nord-Süd-Verbindung lahm. Der S-Bahnhof Potsdamer Platz musste für zwei Stunden voll gesperrt werden, nachdem Wachleute eines privaten Sicherheitsdienstes eine herrenlose Pappschachtel im Fußgängerübergang zwischen den beiden Gleisen entdeckt hatten. Die alarmierten Sprengstoffexperten des BGS konnten jedoch Entwarnung geben. Im Karton befand sich keine Bombe, lediglich ein „watteähnliches Gebilde“, so BGS-Sprecher Michael Bayer. Die Schachtel samt Inhalt untersuchten gestern Wissenschaftler des Robert-Koch-Institutes. Die Tests seien grundsätzlich ergebnisoffen angelegt, sagte eine Sprecherin. Ein Schwerpunkt liege allerdings in der Erkennung möglicher Milzbrand-Bakterien. Ein Ergebnis wird heute erwartet.

Trotz des Pannensonntags fürchtet Sprecher Priegnitz nicht um das Image der S-Bahn: „In den knapp 80 Jahren gab es bei der Berliner S-Bahn äußerst selten Unfälle. Uns ist viel an der schnellen Aufklärung des Unglücks gelegen.“ Eines könne man allerdings nie ausschließen: das gewisse Restrisiko.

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