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Flüchtlinge vor Java ertrunken

350 überwiegend irakische Flüchtlinge sterben beim Untergang eines überladenen Kutters vor der indonesischen Küste. Nur 44 Menschen werden gerettet. Australische Regierung fühlt sich in ihrer harten Haltung gegenüber Bootsflüchtlingen bestätigt

von SVEN HANSEN

Vor der Südküste der indonesischen Insel Java ist ein mit Flüchtlingen überladener Fischkutter gesunken. Bei dem Unglück, das sich bereits Freitag Morgen ereignete, ertranken 350 Personen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) gestern in Genf mit. Nur 44 Personen wurden gerettet.

Nach Angaben Überlebender hatte der 18 Meter lange Holzkutter mit 421 Flüchtlingen den Hafen Bandar Lampung auf Sumatra Richtung australischer Weihnachtsinsel verlassen. 21 Flüchtlinge hatten Zweifel an der Seetüchtigkeit des Schiffes und ließen sich trotz des Fahrpreises von 800 bis 1.900 US-Dollar lieber auf einer Insel absetzen. Zehn weitere sollen sich bereits zuvor geweigert haben, überhaupt an Bord zu gehen.

Am Freitagmorgen meldete der Kapitän den Flüchtlingen, die meist aus Irak, aber auch aus Iran, Afghanistan, Palästina und Algerien stammten, den Ausfall der Maschine und ein Leck. Darauf sei der Kutter innerhalb von zehn Minuten gesunken. „Das Boot fiel einfach auseinander, es gab keine Hoffnung“, sagte einer der Überlebenden laut IOM. 120 Menschen überlebten zunächst. Doch als erst am nächsten Tag zwei Fischkutter zur Rettung kamen, konnten nur noch 44 lebend geborgen werden.

Ein indonesischer Marinesprecher sagte gestern in Jakarta, eine Suchaktion sei nicht eingeleitet worden. Es sei bereits zu viel Zeit vergangen. Die Überlebenden wurden am Montagabend nach Bogor südlich von Jakarta in ein Krankenhaus und ein Flüchtlingslager gebracht. „Sie sind in einem sehr schlechten Zustand“, sagte der dortige IOM-Sprecher Richard Danziger.

Laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR waren 24 der 350 Ertrunkenen bereits als Flüchtlinge anerkannt. Doch nach über einem Jahr des Wartens hatten sie noch kein Aufnahmeland gefunden. „Sie entschieden sich für die riskante Fahrt, weil sie den Glauben an den UNHCR verloren hatten“, sagte UNHCR-Mitarbeiter Tony Garcia gegenüber AFP. Laut Flüchtlingshilfswerk haben seit 1999 in Indonesien 2.111 Ausländer den Flüchtlingsstatus beantragt. Ein Drittel wurde anerkannt, doch nur 15 fanden bisher ein aufnahmebereites Drittland. 600 anerkannte Flüchtlinge warten also noch in Indonesien. Hinzu kommen laut australischer Regierung tausende, die illegal nach Australien reisen wollen.

Vor Indonesiens Küsten sind dieses Jahr bereits vier oder fünf Flüchtlingsschiffe gesunken, schätzt IOM-Sprecher Danziger. Der jetzige Fall sei der bisher schlimmste. „Wir haben so eine Tragödie erwartet“, sagte er. Ende August waren 432 Flüchtlinge vor der benachbarten australischen Weihnachtsinsel vom norwegischen Frachter „Tampa“ gerettet worden. Australien verweigerte ihnen jedoch das übliche Asylverfahren und schob sie in den pazifischen Zwergstaat Nauru ab. Inzwischen verhandelt Canberra mit Papua-Neuguinea, Kiribati und den Fidschiinseln über die Aufnahme abgefangener Boat People.

Australiens Einwanderungsminister Philip Ruddock sagte gestern, die schreckliche Tragödie des gesunkenen Kutters bestärke die Regierung in ihrer Haltung. Es dürfe nicht zu illegalen Überfahrten ermuntert werden. Dagegen sagte William Maley vom australischen Flüchtlingsrat, die Regierung könne froh sein, dass das Boot nicht erst gesunken sei, nachdem es von Australien abgewiesen wurde.

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