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„Die Stadt in Atem halten“

Gewerkschaft ver.di will Privatisierungen des Rechtsblocks nicht hinnehmen  ■ Von Kai von Appen

Dem Rechtsblock bläst der gewerkschaftliche Wind schon ins Gesicht, bevor der neue Senat aus CDU, FDP und Schill-Partei überhaupt vereidigt worden ist. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kündigte an, gegen die Privatisierungspläne des Senates erbitterten Widerstand zu leisten – notfalls mit Aktionen und Streiks. Auf einer Konferenz der Personal- und Betriebsräte öffentlicher Unternehmen klopfte gestern die Mega-Gewerkschaft erste Eckpunkte fest.

Die Ansage des Rechtsblocks ist klar: 10 Milliarden Mark möchten die rechten Koalitionäre durch den Verkauf an Beteiligungen staatlicher Unternehmen einnehmen, um die versprochene Schaffung neuer Polizei- und Lehrerstellen zu finanzieren, ohne dass es zu einer weiteren Staatsverschuldung kommt. Danach sollen vor allem die „versteckten Juwelen“ – früher das „Tafelsilber“ genannt – an private InteressentInnen verkauft werden. So stehen derzeit der Hafen- und Containerriese HHLA und der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) sowie die Restanteile am Hamburg Airport (64 Prozent) und der Hamburgischen Landesbank (51 Prozent) zur Disposition.

Die schriftliche Bitte von ver.di-Boss Wolfgang Rose um Auskunft über die konkreten Pläne an den designierten CDU-Bürgermeister Ole von Beust blieb bislang unbeantwortet. „Das finde ich eine bemerkenswerte Umgangsweise mit den Gewerkschaften“, schimpft Rose. Denn immerhin hätten sich laut einer Forsa-Umfrage fast 70 Prozent der WählerInnen von CDU und Schillpartei gegen Privatisierungen ausgeprochen.

Die Betriebs- und Personalräte fürchten bei einem Ausverkauf nicht nur wegen der drohenden Tarifflucht „Lohn- und Sozialdumping“, wie es HHLA-Betriebsratschef Peter Re-ckewell formulierte, sondern auch den Verlust staatlicher Mitgestaltungsmöglichkeiten. So werden in Hamburg die Defizite im öffentlichen Nahverkehr aus der staatlichen Beteiligungs-Holding ausgeglichen, in die allein Landesbank und Airport jährlich 260 Millionen Mark Gewinn abführen. Landesbank Betriebsrat Olaf Behn: „Viele Projekte Hamburgs sind erst durch die finanzielle Absicherung der Landesbank ermöglicht worden.“ Und Reckewell: „Privat-Interessenten werden sich die Filetstücke herauspicken, wie den Burchardkai.“ Für Rose ist der Verkauf daher nur ein einmaliges „Strohfeuer“, um Staatsknete zu beschaffen.

Gerade die Betriebs- und Personalräte der Staats-Unternehmen hätten in der Vergangenheit konstruktiv an „schmerzlichen“ Konsulidierungsmaßnahmen mitgewirkt, um sie konkurrenzfähig zu halten. Bei einem „gnadenlosen Ausverkauf“ sei das Maß voll. Katharina Rieß-Heidtke, Personalratschefin des LBK sagt: „Wenn das der Dank ist, um verkauft zu werden, werden die Kolleginnen eine entsprechen Anwort geben.“ Sie erinnert an die Aktionen wegen der Schließung des Hafenkrankenhauses: „Die haben die Stadt in Atem gehalten.“

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