: Schutzinstinkte
■ Vater-Sohn-Komplikationen: Zoran Drvenkars „Touch the Flame“
'Es muss ja nicht jeder gleich einen Extremvater haben. Muss auch nicht jeder in extrem undurchsichtige Familienverhältnisse reingeboren werden, von denen er dann noch nicht mal was erfährt. Und vielleicht ist sie auch zu verworren, die Geschichte, die Zoran Drzvenkar im Jugendbuch Touch the flame entwickelt, aber das ist letztlich zweitrangig. Denn er ist gelungen, der Fast-Krimi über den pubertierenden Lukas, der bei seiner Mutter aufwächst und nach sieben Jahren erstmals seinen Vater wiedersieht. Nur dass es eben keine gewöhnliche Begegnung ist: Denn der Vater ist ein Krimineller, was der Sohn aber erst später erfährt. Stattdessen haut ihm der Vater nach fünf Minuten an den Kopf, dass er Krebs hat.
Nicht gerade einfach, ein solcher Vater. Und irgendwie haben in der Geschichte die Generationen die Rollen getauscht: In gut gegeneinander geschnittenen Dialogen zeichnet Drzvenkar einen jugendlich-abgefahrenen Vater, der grundsätzlich in zweiter Reihe parkt, nicht über Persönliches spricht und nur an sich selber denkt. Dass er auch noch vor seinem brutalen Bruder kuscht, der gerade aus dem Gefängnis kommt und der den Sohn mal kurz verprügelt, trägt auch nicht gerade zur Innigkeit der Vater-Sohn-Beziehung bei – kurz: Lukas weiß nicht, wie er ihn mögen soll, diesen komischen Vater, entwickelt aber trotzdem angesichts des geschundenen Mannes ein paar Schutzinstinkte.
Ob sich der Vater später an den Sohn erinnern wird, steht auch in den Sternen – aber dazugewonnen hat Lukas nach der aufregenden Episode in jedem Fall: einen Halbbruder zum Beispiel, von dessen Existenz er bis dato nichts wusste.
Und wie ist das alles geschrieben? Unpathetisch, oft selbstironisch, wohltuend ehrlich – und überhaupt nicht moralisch. Gut geeignet, das Innenleben eines pubertierenden Jugendlichen nachzuzeichnen. Petra Schellen
Zoran Drvenkar. Touch the Flame. Hamburg 2001, Carlsen-Verlag, 208 S.,26 Mark.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen