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Entnervende Parkplatzsuche

■ Der FC St. Pauli macht beim 0:3 gegen 1860 München das Spiel und verliert deswegen

Ein wichtiger Termin. Die Zeit drängt. Nur noch schnell einen Parkplatz finden und hastig aus dem Auto springen. Doch am Straßenrand ist nicht einmal die kleins-te Lücke, um wenigstens die Hälfte des Gefährts legal abzustellen. Hektik. Schweiß. Noch einmal um den Block und weiter hoffen. Endlich setzt ein Fahrzeug aus der Lü-cke. Der Blinker wird gesetzt. Plötzlich ein rückwärts anfahrender Wagen von vorne, der natürlich ohne Blinker, aber dafür mit stumpfer Dreistigkeit als Erster die Lücke besetzt. Ein Schrei, dem ein unkontrollierter Wutausbruch in der Fahrgastzelle folgt und zu weiteren Suchschleifen im Einbahnstraßenlabyrinth zwingt.

Die Suche nach einem komfortableren Parkplatz in unmittelbarer Nähe der Nichtabstiegsränge wird nach dem 0:3 gegen 1860 München auch beim FC St. Pauli zu einer Endlosschleife, die erste Abnutzungserscheinungen verursacht. Zwar überzeugte der FC St. Pauli in allen statistischen Werten: mehr Zweikämpfe gewonnen, mehr als doppelt so viele Tortritte (29:12) ausgeführt und mehr Spielanteile (54:46) gehabt. Die entscheidende Arithmetik wies aber ein klares 0:3 auf und führte zu entnervten Reaktionen. „Es hat nicht die beste, sondern die glücklichere Mannschaft gewonnen“, stellte Andre Trulsen fest, der selbst beim Stand von 0:1 eine der vier klaren Chancen der Millerntor-Elf vergeben hatte. „Ich kann meinen Spielern keinen Vorwurf machen“, entband Dietmar Demuth seine Spieler der Verantwortung. „Es gibt einfach Tage, da gibt es keine Erklärungen für eine Niederlage“, hielt Demuth fest und fragte in die Runde: „Oder weiß jemand, warum die vielen Chancen nicht verwertet wurden?“

Moudachirou Amadou hatte eine Erklärung für die Niederlage. „Vor allem aus der Abwehr müssen wir kontrollierter das Spiel aufbauen“, sagte der Verteidiger. Fehlpässe und vorzeitige Ballverluste durch weit herausgeschlagene Bälle ermöglichten es den 60ern ihre Konter gegen die in der Vorwärtsbewegung befindlichen St. Pauli-Spieler auszuführen. „In diesen Situationen brauchen wir noch mehr Erfahrung“, erklärt Amadou die vielleicht schwierigste Lektion im Lehrbuch: Bestehen in der ersten Bundesliga.

Eine Unerfahrenheit, die den stark kritisierten 1860-Manager Karl Heinz Wildmoser und dem von ihm frisch inthronisierten Peter Pacult freudig stimmte. „Kompliment an meine Mannschaft“, kam dem Coach über die Lippen, der sich kaum für das stumpfe Spiel seiner Mannschaft zu schämen schien. Vielleicht hatte Pacult einfach seine Sonnenbank gebräunte Nackenspoiler-Begleitung um psychologischen Rat gebeten, damit seine Spieler einfach im Stile eines dreisten Parkplatzdiebes agieren. Für die dezimierte 60er-Auswahl, die nur mit drei reinen Abwehrspielern anreisen konnte, hat es jedenfalls diesmal noch gereicht. Lässt der Österreicher seine Mannschaft weiterhin so destruktiv spielen, wird sich seine Mannschaft zwangsläufig im unteren Tabellenkeller festsetzen.

St. Pauli sollte unterdessen lieber auf das wendigere Zweirad umsteigen. Nach dem neuen Deal mit einem südbadischen Naturstromanbieter entspräche das einem weiteren Klischee der angestrebten SC Freiburg-Philosophie. Vielleicht könnte man damit auch noch die fahrradfeindliche Verkehrspolitik der Hamburger Regierenden beeinflussen. Und einen Parkplatz bräuchte man gar nicht erst zu suchen. Oke Göttlich

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