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Aufbruch ohne klares Ziel

Zehn Jahre lang bremsten CDU-Innensenatoren bei der Migrationspolitik. Die Ampel will nun vieles nachholen. Doch die SPD gibt sich zögerlich, die FDP verschwommen. Nur die Grünen preschen vor

von SABINE AM ORDE

In der Migrationspolitik sind die Erwartungen an die neue Koalition hoch. Denn in diesem Bereich hat die CDU, die während der Großen Koalition stets den Innensenator stellte, in den vergangenen zehn Jahren fast alle Fortschritte verhindert oder zumindest ausgebremst. SPD, FDP und Grüne betonen übereinstimmend, Berlin aus dieser Rückständigkeit befreien zu wollen. Umstritten aber ist, wie weit die Reise gehen soll – und welche Priorität diesem Bereich bei der entscheidenden Finanzfrage eingeräumt werden soll.

So wollen alle drei Parteien die Deutschkenntnisse von Kindern mit Hilfe von Kitas und Schulen verbessern. Doch die Grünen sind bislang die Einzigen, die sich auf eine Modell dafür festgelegt haben: Sie fordern, dass die Lehrerstellen, die in den kommenden Jahren durch den Schülerrückgang rein rechnerisch frei werden, nur zum Teil eingespart werden. Der Rest soll für die stärkere Unterstützung von Migrantenkindern eingesetzt werden. Auch die Fachpolitiker der SPD befürworten diesen Plan, die Frage aber ist, ob sie sich gegen ihre Finanzsenatorin durchsetzen können. Und die FDP wollte sich zu diesem Vorschlag bislang gar nicht äußern.

Umstritten ist unter den drei Parteien die Stellung der Ausländerbeauftragten. Zwar scheint Barbara John trotz ihres CDU-Parteibuches der Posten weiter sicher zu sein. Doch während die Sozialdemokraten am liebsten auch bei Johns Amt alles beim alten lassen wollen, ist es das Ziel von Grünen und FDP, dieses aufzuwerten. Die Blaugelben haben diese Forderung bislang nicht konkretisiert, die Grünen dagegen haben klare Vorstellungen: Sie wollen das Amt in ein „Referat für interkulturelle Aufgaben“ umwandeln und mit mehr Kompetenz ausstatten. Dazu soll die Ausländerbeauftragte nicht länger bei der Sozialverwaltung, sondern als Stabsstelle direkt beim Regierenden Bürgermeister angesiedelt und – wie zum Beispiel der Datenschutzbeauftragte – vom Parlament gewählt werden.

Ein Streitpunkt zwischen den künftigen Koalitionspartnern könnte auch die Flüchtlingspolitik werden. Die Grünen wollen die sogenannten Altfallregelungen ausweiten. Die ermöglichen, dass bestimmte Flüchtlingsgruppen, die bis zu einem Stichtag in die Bundesrepublik gekommen sind, ein Aufenthaltsrecht bekommen. Die Grünen wollen, dass Berlin diese Regelungen nicht nur liberal auslegt, sondern sich zudem bei der Innenministerkonferenz für eine Ausweitung einsetzt. Letzteres lehnt die SPD ab, die FDP hat sich hier noch nicht positioniert.

Auch bei der Abschiebehaft gehen die Grünen weiter als die SPD. Zwar hatte sich der rot-grüne Übergangssenat bereits auf eine Überprüfung der Abschiebehaft geeinigt, doch das reicht den Grünen nicht. Besonders bei der Frage, ob Minderjährige in Abschiebehaft genommen werden dürfen, gibt es einen Disput zwischen Grünen und SPD-Innensenator Ehrhart Körting. Während die Grünen Abschiebehaft für Minderjährige generell ablehnen, sieht der Innensenator das für 16- und 17-Jährige anders. Seine Begründung: Bundeseinheitliche Regeln sähen nun einmal die Abschiebhaft auch für diese Gruppe vor. Die FDP hat hier „noch Prüfungsbedarf“.

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