: Schwarzarbeit hat Hochkonjunktur
Traditionell stark betroffen ist in Berlin die Baubranche. 17.000 Ermittlungsverfahren gab es im vergangenen Jahr
Berlin – die Stadt der Kräne und Baustellen – ist auch eine Metropole der Schwarzarbeit. Und Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler übt sich darin, ihrem ständigen Ärgernis den Kampf an zu sagen: „Für die Bekämpfung illegaler Beschäftigung müssen alle Kräfte gebündelt werden“, sagte sie gestern bei der Vorstellung des aktuellen Berichtes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit.
Nach der Behördenstatistik ermittelte allein das Landeskriminalamt im vergangenen Jahr in mehr als 17.000 Fällen. Die Behörden verhängten im vergangenen Jahr Bußgelder von 16,2 Millionen Mark. In etwa die gleiche Summe kam auch im Vorjahr 1999 zusammen. Außerdem flossen im vergangenen Jahr rund 23 Millionen Mark an hinterzogenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ins Stadtsäckel, 1999 waren es knapp 11 Millionen weniger.
Schöttler zeigte sich zufrieden mit der Ermittlungsarbeit: in Berlin gebe es eine „Verfolgungsdichte“ wie in keinem anderen deutschen Ballungsraum. Neben der Verfolgung von Verstößen gehe es auch verstärkt um Vorbeugung. Bereits 1989 hatte das Land die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit (GES) gebildet, in der Mitarbeiter der Kriminalpolizei, des Zolls, des Landesarbeitsamtes und der Steuerfahndung zusammenarbeiten.
Traditionell stark betroffen ist die Baubranche. Mitte des Jahres seien mehr als 31.000 Arbeiter ohne Job gewesen, so Schöttler weiter. Dies sei – neben der Konjunkturschwäche – auf Schwarzarbeit zurückzuführen. „80 Prozent der Leute, die bei uns um Rat fragen, haben illegal auf dem Bau gearbeitet“, sagt Andrzej Fikus vom Polnischen Sozialrat, einem Beratungs- und Selbsthilfeverein von Migranten aus dem östlichen Nachbarland. Er sieht die andere Seite des Problems – die der Betroffenen. „Illegale Arbeiter werden oft als Rechtlose behandelt. Firmen zahlen weniger als Tarif und zwingen Menschen, bis zu 100 Stunden pro Woche zu arbeiten.“ Häufig würden Verträge nicht eingehalten, die Leute um den Lohn geprellt. Wen die Polizei ohne Papiere bei der Arbeit erwischt, muss laut Fikus innerhalb von zwei bis drei Tagen ausreisen. „Die Menschen werden behandelt wie Verbrecher – und oft in Handschellen abgeführt.“
ULRICH SCHULTE
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