: Schweden soll helfen
Lausitzer Braunkohledorf Horno schöpft neue Hoffnung durch ein schwedisches Gesetz: Initiative gegen Bagger des Staatskonzerns Vattenfall
aus Stockholm REINHARD WOLFF
Schwedische Reichstagsabgeordnete reisten in dieser Woche zum Arbeitseinsatz in ein kleines, seit langem umkämpftes Lausitzer Dorf. „Ein Vorschlag ist, Horno zu umfahren“, sagt Sture Arnesson von der Linkspartei. Horno, das ist dieses kleine vom Tagebau der Lausitzer Braunkohle AG (Laubag) bedrohte Dorf in der Nähe der Oder – im Gebiet der slawischsprachigen ostdeutschen Minderheit, den Sorben. Und die Laubag ist seit kurzem in Besitz des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall. „In Schweden ist Vattenfall an ethische Prinzipien gebunden“, erklärt Arnesson. Die müssten auch in Deutschland gelten. „Bei uns jedenfalls ist die Auslöschung eines Dorfes heute undenkbar“.
So war es nicht immer. Auch Schweden hat einst die nordschwedischen Sami (Lappen) zwangsweise umgesiedelt, um Staudämme zur Wasserkraftnutzung bauen zu können. Seitdem Stockholm sich aber der Konvention zum Schutz der Rechte der Urbevölkerungen anschloss, sind Zwangsumsiedlungen in Schweden undenkbar. Darauf berufen sich die Hornoer nun ausdrücklich. Im September informierten BewohnerInnen das schwedische Parlament.
Sieben Reichstagsabgeordnete fordern per Antrag die schwedische Regierung auf „Vattenfall eine Eigentümerdirektive aufzuerlegen“. Die Grünen brachten einen Extraantrag ein. Mittlerweile haben sich Abgeordnete von fünf der sieben im Reichstag vertretenen Parteien einer Kampagne angeschlossen, um das „unnötige Braunkohleabenteuer“ (so der Göteborgs-Posten) des Staatsunternehmens zu stoppen. Alle großen Zeitungen berichteten inzwischen umfassend über „Vattenfalls Monster, die ein Dorf verschlingen“ (Svenska Dagbladet).
Für Vattenfall, das über seine Tochter HEW die ostdeutschen Gesellschaften Veag und Laubag übernommen hat, wird so die öffentliche Stimmung zunehmend unbequem. Konzernchef Lars Josefsson sah sich veranlasst, deutsche KorrespondentInnen persönlich zum Abendessen zu laden, um sie über Vattenfalls „europäisches Engagement“ zu informieren. Die „Absiedlung“ Hornos sei von deutschen Behörden und Gerichten abgesegnet. Daran könne man nach dem Erwerb der Laubag nicht mehr rütteln. Horno sei eine „deutsche Angelegenheit“.
„Energiepolitik ohne Moral“ titelte hingegen das Svenska Dagbladet und fragt, ob das Stockholmer Wirtschaftsministerium nicht die Kontrolle über das Staatsunternehmen verloren habe. Die schwedische Regierung, so der Vorwurf, torpediere nicht nur die Ziele der heimischen Energiepolitik, sondern auch internationale Klimaverpflichtungen.
Wirtschaftsminister Björn Rosengren bleibt offiziell bislang bei seiner Linie: Er sehe keine Veranlassung, sich in die Unternehmenspolitik von Vattenfall einzumischen. Indirekt hat er aber gerade dies getan. Der Zeitung Göteborgs-Posten erklärte der Wirtschaftsminister, Vattenfall solle „vor allem seinen Wasserkraftanteil hochkaufen“. Als Staatsunternehmen sei Vattenfall speziell seiner Umweltverantwortung verpflichtet. Ausdrücklich setzte Minister Rosengren diese Verantwortung vor das Rentabilitätsinteresse.
Ob solche Prämissen in der Realität zum Zuge kommen, bleibt allerdings fraglich: Eine Mehrheit im wirtschaftspolitischen Ausschuss lehnte in dieser Woche eine Unterstützung des Horno-Antrags der sieben Abgeordneten ab.
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