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Der Wolf im Schafspelz legt los

Der neue dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen hat jetzt seine Regierungsmannschaft beisammen

Als der bisherige ideologische Scharfmacher der Partei 1998 ganz Dänemarks „Uffe“, den populär-gemütlichen Pfeifenraucher, Weintrinker und als Außenminister auch europaweit bekannten und geschätzten Uffe Ellemann-Jensen im Amt des Parteivorsitzenden ablöste, sahen die meisten BeobachterInnen eine Katastrophe für die „Venstre“-Partei voraus. Wie wollte sie denn mit dieser grauen Gestalt einen Wahlkampf führen? Einem Mann, der „Anders“ nur im eigenen Familienkreis war und sonst eben ganz distanziert der „Rasmussen“.

Doch Anders Fogh Rasmussen überraschte alle. Jetzt hat der 48-jährige Familienvater von dem nicht verwandten Namensvetter Poul Nyrup Rasmussen das Amt des dänischen Regierungschefs übernommen und gestern sein Kabinett vorgestellt. Seit 1972 hat diesen Posten damit erstmals wieder ein Mann der „Venstre“ inne. Die Partei mit dem grob irreführenden Namen – das dänische „venstre“ bedeutet links, das war die Partei Ende des 19. Jahrhunderts einmal, als sie für die Einführung eines parlamentarischen Systems kämpfte – wurde vom neuen Mann in nie geahnte Höhen geführt. Das hat Rasmussen den Titel „Dänemarks Blair“ eingetragen. Noch streiten sich die AnalytikerInnen, ob Rasmussen von rechts erfolgreich in die Mitte geritten oder die gesamte Partei in eine scharfe Rechtskurve geleitet hat.

Es war wohl mehr ein Sowohl-als-auch. Was die Ausländerpolitik angeht, kann niemand den scharfen Rechtsruck bestreiten, der aber dadurch etwas im allgemeinen Politikgewimmel untergeht, weil ihn nahezu die gesamte dänische Parteienlandschaft mitgemacht hat. In der Wirtschafts- und Sozialpolitik dagegen konnte sich der Venstre-Rasmussen gar nicht eng genug an die Positionen des sozialdemokratischen Rasmussen annähern. Verbal. Wobei es auch politischer Selbstmord wäre, in Dänemark das Sozialsystem in Frage zu stellen. Die Grundfesten sollen erhalten bleiben, nur soll alles viel effektiver gehandhabt und „privaten Initiativen“ Tür und Tor geöffnet werden.

Dass dies aber auch so etwas wie das Ende des solidarischen Wohlfahrtsstaats werden wird, sagt Anders Fogh noch nicht. Um zu wissen, was der Bauernsohn da im Schilde führt, muss man seine theoretischen Schriften aus den Neunzigerjahren nachlesen. Dort propagiert er den „Minimalstaat“, in dem er das Geld „am besten in den Taschen der Bürger aufgehoben“ sieht. Eine Neuauflage seiner Bücher sähe er augenblicklich nicht so gern, auch wenn seine politischen GegnerInnen ihn dazu drängen.

Nicht ohne Hintergedanken. Da versteht man die Medien, die von ihm das Bild eines „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ gemalt haben. Oder das eines Wolfs im Schafspelz. Rasmussen besitzt genug Selbstironie, mit seiner angeblichen Konvertierung vom „hulemand til julemand“ – vom Höhlenmenschen zum Weihnachtsmann – das Verwandlungsspiel mitzumachen. Der jetzige Teflonmann ist nämlich ein Kunstprodukt, das in den letzten drei Jahren von einer ganzen Riege von MedienberaterInnen auf Erfolgskurs getrimmt wurde. Bei dem man sich fragen muss, was echt und was Taktik ist. Das Absenken des Skrupelniveaus hat ihn nach oben getragen. Das stört ihn offenbar nicht. Die EU könnte bald ein neues Haider-Problem haben. Eigentlich hat sie es schon. REINHARD WOLFF

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