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Vaterliebe ohne Chance

Hamburg schiebt Vater ab, obwohl er das Sorgerecht für seine Tochter hat  ■ Von Kaija Kutter

Freunde und Anwalt harrten am Mittwoch angespannt der Dinge. Zweimal schon hatte die Ausländerbehörde versucht, den 22-jährigen Jack Mariley Ba nach Senegal abzuschieben. Beim zweiten Mal hatte er sich mit den Worten „ich will lieber sterben“ geweigert, das Flugzeug zu betreten. Anlass für die Piloten, ihn nicht mitzunehmen. Auch den für Mittwoch 10 Uhr 25 gebuchten Air-France-Flug verweigerte der unfreiwillige Passagier.

Für die Hamburger Ausländerbehörde alles kein Problem. Denn nun tritt der vom Amtsgericht Hamburg verfügte Plan B in Kraft. In vier bis sechs Wochen wird der abgelehnte Asylbewerber mit einer eigens gecharterten Maschine ins Ausland gebracht.

Damit schiebt sich ein Schuldenberg von über 80.000 Mark zwischen ihn und das Wiedersehen mit seiner vierjährigen Tochter Alia L. Denn Voraussetzung für ein neues Visum ist die Übernahmne dieser Kosten. Hinzu kommen noch 185 Mark für jeden Tag Abschiebehaft und das Geld für die verpassten Flüge.

„Mich regt auf, dass hier das Recht des Kindes missachtet wird“, sagt Bas Bekannte Bettina Herrmann. Die hier geborene Alia werde dafür gestraft, dass sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Ein deutsches Kind wäre nach Paragraph 30 des Ausländergesetzes ein Abschiebehindernis. Aber Alia ging aus einer Verbindung mit einer thailändischen Mutter hervor. Das Kind lebt bei deren Eltern. Die Mutter, so berichtet Jack Marileys Anwalt Anton Eger, habe wenig Interesse an dem Kind: „Fakt ist, das Jack Mariley Ba die Bezugsperson des Kindes ist.“ An jedem Wochenende habe er das Kind genommen. Das Jugendamt hatte sogar ein Einzelzimmer für den Vater in der Asylunterkunft durchgesetzt, damit Alia bei ihm übernachten kann.

„Ich kenne Jack seit drei Jahren. Es hat mich immer beeindruckt, wie liebevoll und innig das Verhältnis zwischen Vater und Tochter ist“, schrieb die Uni-Angestellte Herrmann in einer Petition an die Bürgerschaft. Die Stadt Hamburg hat ein Ermessen für Härtefälle, nach dem sie abgelehnte Asylbewerber hier behalten kann. Mariley gilt laut Eger selbst unter Mitarbeitern der Ausländerbehörde als Beispiel für gute Integration. So machte der Flüchtling, der 1994 als 14-Jähriger nach Hamburg kam, einen Realschulabschluss und spricht auch mit seiner Tochter nur Deutsch.

Dennoch lehnte der Eingabenausschuss die Petition ab. Mit dem Zusatz, dass der junge Vater von Senegal aus ein Visum beantragen könne. Das kann er „faktisch“ nicht, erwiderte Bettina Herrmann in einer zweiten Petition, die sie im Namen der Tochter stellte. Die hohen Abschiebeschulden zu begleichen, sei für jemanden aus einem westafrikanischen Land nicht möglich. Die Abschiebung verstoße zudem gegen den im Grundgesetz verankerten „Schutz der Familie“ und komme einer „Entrechtung von Alia“ gleich. Herrmann: „Ba hat auch eine Pflicht, sich um sein Kind zu kümmern.“

Antwort des Bürgerschaftsausschusses: es sei zwar „schwierig“, aber „nicht gänzlich ausgeschlossen“ für den Vater, wieder einzureisen. Am vergangenen Montag schließlich wurde die dritte Petition abgeleht, diesmal verfasst von Jack Mariley selbst. „Wir haben die Eingabe für nicht abhilfefähig erklärt“, sagt der Ausschussvorsitzende Jürgen Klimke (CDU) zur taz. Das Schriftstück habe keine neuen Fakten enthalten.

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