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Der Schlüssel zum Sparen

Mit Energie-Contracting könnte der Kohlendioxidausstoß verringert werden. Doch das Interesse daran ist bislang begrenzt. Mieter sollten sich vor einer Modernisierung umfassend informieren

von TILMAN VON ROHDEN

Dass der Energieverbrauch reduziert werden muss, um den klimaschädigenden Folgen des Kohlendioxids zu begegnen, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. „Weniger bekannt dürfte sein, dass wir einen wichtigen Schlüssel für dieses Ziel längst in der Tasche haben“, sagt Heiner Matthies, Leiter der Energieberatung Prenzlauer Berg, ein seit Beginn dieses Jahres eingetragener Verein, der seine Arbeit mit EU-Mitteln finanziert.

Der Schlüssel heißt Contracting, ein Finanzierungs- und Betreibermodell zwischen einem Energielieferanten (Betreiber der Anlage) und seinen Kunden. In der Regel handelt es sich dabei um Gebäudeeigentümer. Sie vereinbaren einen Vertrag über die Bereitstellung von Wärme oder Elektrizität oder eine Kombination aus beidem.

Fachleute unterscheiden Contracting-Verträge zur Energielieferung und -einsparung. Die Energielieferung ist oft mit einer Modernisierung der Heizanlage verbunden, die der Energielieferant gerne übernimmt, weil er gleichzeitig einen neuen vertraglich gebundenen Kunden gewinnt. Das Modell Einsparung refinanziert sich aus den erzielten Kostensenkungen.

In Berlin ist in den vergangenen Jahren ein funktionierender Contracting-Markt entstanden. Nach Angaben von Matthies gibt es derzeit 35 Contractors und zwei beratende Unternehmen (die Berliner Energieagentur und die Prenzlauer Energieberatung).

Der Berliner Strommarkt wird wesentlich von der Bewag bestimmt, die allein 86 Prozent des Berliner Stroms liefert. Im Rahmen von zwei Partnerschaften mit dem Land sind rund 80 Gebäude wie Schulen, Kindergärten und Verwaltungsgebäude in Contracting eingebunden. Darüber hinaus hat die Bewag eine Partnerschaft mit dem Elisabeth-Krankenhaus in Tiergarten. Gemessen an der Bedeutung der Bewag scheint dieses Engagement nicht sonderlich groß zu sein. Uwe Lemm, Bewag-Sprecher, hält das Contracting nur für ein „interessantes Nebengeschäft“ und bloße „Kundenbindungsmaßnahme“.

Bundesweit sind 60.000 Liegenschaften in Contracting-Verträge eingebunden, wobei die Wärmeversorgung über 80 Prozent ausmacht. In aller Regel handelt sich um Anlagen-Contracting, Energiesparmodelle machen nur rund 10 Prozent aus.

Beim Contracting spricht man von einer Win-win-Situation: Der Contractor gewinnt neue Kunden, die den produzierten Strom im Rahmen von langjährigen vertraglichen Bindungen kaufen. Der Kunde spart die Kosten für eine Modernisierung der hauseigenen Energieanlagen.

„In diesem Szenario bleiben die Interessen der Mieter unberücksichtigt“, kritisiert Matthies. Der von ihm gegründete Verein will insbesondere die Mieter von Gebäuden bei den anstehenden Entscheidungen beraten, denn „diese Beteiligten haben anders als Vermieter und Betreiber oftmals wenig Sachverstand“. Diese Einschätzung bestätigt Ulf Heitmann, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Bremer Höhe im Ortsteil Prenzlauer Berg, die gerade Contracting-Verhandlungen für die Energielieferung mittels eines örtlichen BHKW abgeschlossen hat: „Die größte Schwierigkeit war es, einen zuverlässigen Betreiber zu finden“, so Heitmann. Sein Fazit: Der enorme Aufwand habe sich gelohnt. 500.000 Mark Investitionskosten seien gespart worden, die Energiekosten würden um 5 bis 10 Prozent sinken.

Die entsprechende Ausgestaltung der Modernisierungsvereinbarung, die jeder Mieter unterzeichnen muss, ist laut Matthies der beste Ansatzpunkt, um das Mieterinteresse an einer kostengünstigen Energieversorgung durchzusetzen. Hier helfe nur eine gesetzliche Informationspflicht des Vermieters und eine umfassende Beratung.

Informationen und Beratung: Energieberatung Prenzlauer Berg, Tel. 44 04 25 68. Berliner Energieagentur, www.berliner-e-agentur.de, Tel. 29 33 30-0.

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