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■ War Hollywood an der Produktion des Bin-Laden-Videos beteiligt?, fragen sich LeserInnenKein eindeutiger Videobeweis

betr.: „Das Geständnis Bin Ladens“, „Unsere Spieler waren Piloten“, taz vom 14. 12. und 15./.16. 12. 01

Ich finde es schade, dass die taz einige Dinge zum „Geständnis“ Bin Ladens einfach übernimmt. Schaut man sich die Transkription des Videos an unter www.defenselink.mil/news/Dec2001/d20011213ubl.pdf, so wird deutlich, dass (obwohl es bereits eine Übersetzung ist) die Dinge jedenfalls nicht so eindeutig sind. Ich bin kein Jurist, aber meines Erachtens geht aus keiner Passage gerichtsfest hervor, dass Bin Laden an der Planung der Anschläge beteiligt war (wenngleich die Indizien zumindest für eine Mitwisserschaft sprechen, aber – zumal das Video erst im November aufgenommen wurde – eben nicht eindeutig). Bei aller Ablehnung terroristischer Aktionen: Recht muss Recht bleiben, selbst für Massenmörder.

Insbesondere ärgert mich, dass auch in der taz grobe Fehler auftauchen, etwa die Bemerkung, Bin Laden habe sich darüber amüsiert gezeigt, dass offenbar manche Attentäter nicht wussten, dass sie sterben würden. In der Aufzeichnung heißt es wörtlich: „The brothers [. . .] all they knew was that they have a martyrdom operation [. . .] but they didn’t know anything about the operation, not even one letter.“ Das heißt eindeutig, dass die Attentäter wussten, dass es sich um ein Selbstmordkommando handelt, aber darüber hinaus nichts. ERIK STRUB, Berlin

Na ja, Hollywood hatte genug Zeit, hat lange gedauert und Übung haben sie – mein Gott, wenn es dich gibt, rufe allen zu, dass sie es nun übertreiben mit der Manipulation . . . Nun???

PETER HARTING, Helsingborg, Schweden

Das Band mit Ussama Bin Laden, das die US-Regierung als Beweis seiner Schuld vorgelegt hat, ist höchstwahrscheinlich eine Fälschung. Oder besser gesagt, die Tonspur des Videos ist sehr wahrscheinlich manipuliert worden:

1. Das Video ist gegen jede Logik drei Wochen zurückgehalten worden. 2. Die Bildqualität ist gut, die Tonqualität ungewöhnlich schlecht. 3. Die angeblichen Aussagen von UBL enthalten objektive Unrichtigkeiten.

Der erste Punkt ist der bedeutsamste: Was kann die US-Regierung daran gehindert haben, das vor drei Wochen gefundene Band sofort zu veröffentlichen? Vor drei Wochen befand sich die so genannte Anti-Terror-Allianz mitten in kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Taliban. Der Beweis für Ussamas Täterschaft hätte dem militärischen Vorgehen zu diesem Zeitpunkt eine wichtige Legitimation verschafft.

Warum es also erst drei Wochen später veröffentlichen, zu einem Zeitpunkt, da der Afghanistanfeldzug praktisch beendet ist? Die Antwort ist wohl: Weil es drei Wochen gedauert hat, einen Araber mit einer ähnlichen Stimme zu finden (oder sämtliches über UBL vorhandene Tonmaterial zu sichten und zusammenzuschneiden), ihn Ussamas Sprachduktus trainieren zu lassen, arabische Texte zu verfassen, Inhalte und Gestik anzupassen und schließlich das ganze digital neu abzumischen. Das ist der Grund für die schlechte Tonqualität des Videos. „Ussamas Stimme“ darf in jedem Fall nicht zu deutlich zu hören sein, weil sonst Menschen, die schon einmal mit ihm auf Arabisch gesprochen haben, sofort die Manipulation des Bandes bemerken würden. Das ist der zweite Punkt.

Der dritte ist der vielleicht wichtigste Beleg für diese Manipulation: UBL behauptet im Video, die Terror-Teams hätten untereinander nicht in Verbindung gestanden und bis zum Morgen des Anschlags auch nichts von ihren Zielen gewusst. Beide Behauptungen entsprechen nicht den bisher bekannten Tatsachen. Die Piloten der vier abgestürzten Maschinen standen untereinander in sehr engem Kontakt (vgl. etwa die Spiegel-Serie zu den Anschlägen), und die ausgewählten Abflughäfen und Flugzeugtypen deuten darauf hin, dass die Piloten lange vorher ihre Ziele kannten und das Ansteuern auf diese an PC-Simulatoren trainierten.

Für mich folgt aus dieser Aufzählung: UBL mag der Auftraggeber der Anschläge vom 11. September sein: Das Video, das dies belegen soll, ist jedoch höchstwahrscheinlich eine Fälschung der US-Dienste. Wie schon das Band, das die US-Regierung anlässlich des Abschusses einer koreanischen 747 durch die Sowjets der UN vorlegte (wiederholte Landeaufforderungen und Warnschüsse durch die Sowjetischen Piloten wurden herausgeschnitten, um der sowjetischen Führung einen Abschuss ohne Vorwarnung anlasten zu können), und wie schon der Großteil des Videomaterials zum Golfkrieg und zum Kosovokrieg. ROBERTO LALLI, Mannheim

Die Anschläge am 11. September waren noch gar nicht richtig verhallt, da verkündete der Präsident der USA bereits den Schuldigen: Ussama Bin Laden.

Als er Streubomben auf das afghanische Volk niederregnen ließ, teilt ER, George W. Bush, der Weltöffentlichkeit mit, dass ER Beweise“ für die Schuld Bin Ladens hat. Am 9. 11. fanden amerikanische Soldaten, natürliche Elite, ein Amateurvideo, und rechtzeitig zu Christmas wird der Weltöffentlichkeit dieser amateurhafte „Beweis“ vorgeführt. Ein miserabler Hollywoodschinken!

Immerhin ist doch bemerkenswert, dass G. W. Bush bereits vorher von Beweisen sprach. Ist er in den Kreis der „Erlauchten Propheten“ aufgenommen worden? Aber einen winzigen kleinen Fehler vollzieht unser Prophet „Dubbelju“. In seinem Amateurvideo gibt Bin Laden (angesprochen als Scheich) zu, dass die Anschläge auf die USA von der Gruppe al-Qaida einzig und allein von den Ägyptern organisiert wurden unter Führung von Mohammed Atta. Warum sollen denn jetzt Bomben auf Somalia und eventuell andere „Schurkenstaaten“ fallen?

Da muss auch Kanzler Schröder dem deutschen Volk die Frage beantworten: Was sollen unsere Soldaten in Somalia?

HARALD SUSCHKA, Boizenburg

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