„Erfolg macht einen natürlich auch lockerer“

■ Dieter Eilts hat sich ohne einen Mucks auf die Bank gesetzt

Vor 18 Jahren spielte Dieter Eilts das erste Mal für den SV Werder Bremen Fußball. Während der laufenden Saison wechselte er überraschend aus dem Profi-Kader in den Werder-Trainerstab. Die taz sprach mit dem Europameister über eine unerwartet erfolgreiche Bundesliga-Hinrunde.

taz: Herr Eilts, was sind Sie jetzt eigentlich offiziell – Reservespieler oder Co-Trainer?

Dieter Eilts: Muss man den Dingen immer einen Namen geben? Im Prinzip bin ich beides.

Kann es sein, dass wir Sie noch mal auf dem Platz sehen?

Nur wenn extrem viele verletzt sind, aber da müsste schon einiges passieren. Ich gehe eigentlich nicht davon aus.

Ihr nahtloser Wechsel in den Trainerstab war geplant. Aber so geräuschlos – das ist dann doch erstaunlich. Juckt es Sie manchmal noch?

Nein, die Jungen spielen hervorragend. Sie sind so weit, dass sie weiter gefördert und auch gefordert werden müssen. Wenn sie sich weiter entwickeln wollen, müssen sie auch spielen. Deswegen habe ich damit keine Probleme.

Obwohl Sie eigentlich bis Saisonende auf dem Feld stehen sollten ...

Das ist richitg. Aber für mich ist es kein Problem, zurückzutreten. Mit gefällt meine neue Rolle ganz gut. Da kann ich mich in Ruhe auf die kommenden Aufgaben vorbereiten.

Aber vor der Saison hätte kein Mensch gedacht, dass das Team so stark sein würde?

Nein, ich auch nicht. Aber es ist nun mal so, und dann muss man relativ flexibel reagieren. Das haben wir halt gemacht.

Wie kann es angehen, dass Werder einen Superstar wie Pizarro abgibt und dann trotzdem weiter oben mitspielt?

Weil die Mannschaft enger zusammen gerückt ist. Sie hat sich gefunden. Mit Krisztian Lisztes haben wir einen Spieler dazu bekommen, der gerade sehr gut in Form ist. Das Sys-tem passt. Wir sind sehr ausgeglichen besetzt. Ich denke, das ist das Geheimnis: Dass die Mannschaft auf dem Platz sehr geschlossen agiert.

Was macht Thomas Schaaf richtiger als andere Trainer – ist das einfach seine Geduld?

Er hat im Moment die richtige Mischung gefunden, aus erfahrenen und jungen Spielern, aus Individualisten und Mannschaftsspielern. Das passt einfach gut.

Dieselben Spieler haben ja eine Zeit lang nicht so gut gespielt und weniger Erfolg gehabt. Ist das schwer, an so einer Konstellation dann festzuhalten und zu sagen: Ich weiß aber doch, dass sie besser sind?

Wenn man davon überzeugt ist, muss man es durchziehen, und Thomas Schaaf hat das genau richtig gemacht.

Was kann die Mannschaft in dieser Saison erreichen?

Es ist sicherlich möglich, unter die ersten fünf zu kommen. Vielleicht sogar ein Champions-League-Platz. Aber dafür muss wirklich alles optimal laufen, wie im Moment. Wir sind von Verletzungen weitgehend verschont geblieben, hatten fast immer sämtliche Spieler zur Verfügung. Wenn das so bleibt und weiter jeder Einzelne bereit ist, seine persönlichen Interessen hintenan zu stellen, ist mit der Mannschaft eine ganze Menge möglich.

Spielt die Mannschaft derzeit über ihrem Niveau?

Nö, aber am Limit. Das heißt nicht, dass sie nicht noch steigerungsfähig wäre.

Sie und Thomas Schaaf gelten ja beide nicht als besonders gesprächig. Auf Bremen 4 wurde über Ihren Wechsel in den Trainerjob gewitzelt, künftig würde man auf der Werder-Bank nicht mehr auf das erste Tor warten, sondern auf das erste Wort. Ist das nur nach außen so?

Sicher sind wir beide nicht gerade die Typen, die als Lautsprecher gelten. Aber wichtig ist das auch nicht in der Öffentlichkeit, sondern intern. Und da sind wir beide nicht mundfaul.

Bei Thomas Schaaf hat man in letzter Zeit den Eindruck, dass er allmählich auch in der Öffentlichkeit geschmeidiger wird, auch auf die dümmste Frage noch nach einer freundlichen Antwort sucht. Macht man mit den Jahren mehr Kompromisse?

Kompromisse? Ich weiß nicht. Aber der Erfolg macht einen natürlich auch lockerer. Im Erfolg werden die Antworten von Journalisten auch ganz anders gewertet als im Misserfolg. Ich glaube nicht, dass er sich überhaupt verändert hat.

Wäre Fußball ein schönerer Beruf, wenn er nur auf dem Platz stattfände?

Ich denke, das öffentliche Interesse gehört dazu. Wir leben von den Zuschauern, die ins Stadion kommen, von Leuten, die sich für Fußball interessieren. Deswegen gehört die Berichterstattung auch dazu.

Die nehmen Sie dann in Kauf ...

Nein, es gehört dazu. Auch wenn es manchmal ein bisschen nervig ist – je nachdem, wie man die Sachen gerade koordinieren kann. Im Großen und Ganzen macht mir das aber Spaß.

Die Spieler sind ja zum Teil direkt nach dem Heimspiel gegen Freiburg in den Urlaub abgedüst. Sind Fußballerferien intensiver als bei anderen Arbeitnehmern?

Höchstens dadurch, dass sie so kurz sind. Wenn es hoch kommt, kommen wir auf 20 Tage im Jahr. Aber ansonsten ist es dasselbe: Man versucht, die Zeit mit der Familie zu verbringen, sich zu erholen, und sollte sich auch noch fit halten.

Wie haben Sie die Festtage verbracht? Karibik oder Ostfriesland?

Weder noch. Ganz besinnlich mit der Familie, hier in Bremen. Fragen: Jan Kahlcke