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Die Erde schrammt knapp am Crash vorbei

Gegnerischer Brocken war 300 Meter dick und könnte ein kleines Land auslöschen. Briten gründen Zentrum, um künftig Einschlagsgefahr zu bannen

BERLIN taz ■ Ziemlich knapp raste diese Woche ein Asteroid an der Erde vorbei: Ein Steinbrocken von rund 300 Meter Durchmesser passierte uns am Montag in einem Abstand von – astronomisch gesehen – winzigen 830.000 Kilometern Distanz. Das entspricht rund dem doppelten Abstand zum Mond. Das Objekt wurde erst im Dezember entdeckt und trägt den Namen „2001 YB5“.

Der Asteroid, auch Planetoid genannt, bewegte sich mit 100.000 Stundenkilometern und löste durch sein Tempo in diversen Sternwarten der Welt automatische Kameras aus – ähnlich wie bei einer Radarkontrolle auf der Autobahn. Würde ein Steinbrocken dieser Größe auf die Erde stürzen, schlüge er zwar nur einen Krater von etwa sechs Kilometern Durchmesser, doch Druckwelle und Erschütterungen würden schwere Verwüstungen anrichten. Seine Sprengkraft entspricht der von rund 50.000 Hiroschima-Bomben. Träfe er ins Meer, entstünden gewaltige Wellen, die ganze Küstenstädte überfluten könnten. Dass so ein Geschoss die Erde trifft, kommt nach Schätzungen von Astronomen vielleicht alle 100.000 Jahre vor.

Ab 2.000 Meter Dicke hat ein Asteroid das Potenzial, das globale Klima stark zu beeinträchtigen, die Ozonschicht zu zerstören und ein Land so groß wie Deutschland zu vernichten. Ab rund 10.000 Meter Durchmesser muss man mit der Zerstörung des getroffenen Kontinents und weltweitem Artensterben rechnen.

„2001 YB5“ kam genau pünktlich, um den jüngsten Beschluss der britischen Regierung zu unterstreichen. Deren Wissenschaftsminister, Lord Sainsbury, verkündete zum Jahresbeginn, bis Ostern ein Beobachtungszentrum am Nationalen Raumfahrtzentrum in Leicester einrichten zu wollen: das Near Earth Objekts Centre (NEO Centre; NEO = Objekte nahe der Erde). Damit will man dort nun die Gefahr von Asteroideneinschlägen ähnlich ernst nehmen wie in den USA, für die die Nasa ein entsprechendes Programm unterhält. Die offizielle britische NEO-Expertenkommission regt darüber hinaus an, „gemeinsam mit anderen Regierung Studien in Auftrag zu geben, die mögliche Wege analysieren, wie die Schäden eines Einschlages vermindert und eintreffenden Objekts abgelenkt werden können“. In diesem Jahr wird auch das Wissenschaftsforum der OECD über ein mögliches Vorgehen beraten.

Der letzte größere Einschlag fand 1908 in Sibirien statt, wo ein 60 Meter dicker Stein beim Eintritt in die Atmosphäre so sehr erhitzt wurde, dass er acht Kilometer über dem Boden explodierte: 2.000 Quadratkilomer Wald wurde umgelegt, viele Brände entstanden.

Der berühmteste Einschlag fand vor 65 Millionen Jahren in Mexiko statt, schlug einen 180 Kilometer großen Krater und ließ möglicherweise die Dinosaurier aussterben. Inzwischen wird auch spekuliert, ob nicht am Anfang der Saurierherrschaft ein Einschlag stand, der ihre Konkurrenten vernichtete.

Das müsste dann so um die 230 Millionen Jahre her sein. Ein passender Krater wird noch gesucht. MATTHIAS URBACH

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