Schill-Partei will für Ausdehnung Satzung ändern

Hamburger Rechtspopulisten organisieren sich jetzt auch in Niedersachsen. Exstahlmanager Selenz steht als erster Landeschef zur Verfügung

HANNOVER taz ■ „Immer mehr Menschen, die einfach für Recht und Ordnung sind,“ würden sich spontan bei ihm melden, versichert Horst Köpgen. Der Niedersachsenbeauftragte des rechtspopulistischen Hamburger Innensenators Ronald Schill will in dem Bundesland zwischen Nordsee und Harz schon „über 360 Mitglieder“ für die „Partei Rechtsstaatliche Offensive“ geworben haben. Mit dem ehemaligen Chef der Stahlwerke in Salzgitter und Peine, Hans-Joachim Selenz, hat Köpgen sogar schon einen zumindest regional bekannten potenziellen Landesvorsitzenden gewonnen.

Streng genommen existiert die Schill-Partei in Niedersachsen allerdings noch nicht. In dem Hamburg benachbarten Bundesland wurde bislang noch kein einziger Orts- oder Kreisband der „Partei Rechtsstaatliche Offensive“ gegründet. Dass sich die Populisten über die Grenze der Hansestadt ausdehnen wollen, ist in den Augen Hamburger Parteioberen allerdings bereits beschlossene Sache.

Falls Angela Merkel Kanzlerkandidatin der Union wird, will die Schill-Partei sogar bei der Bundestagswahl antreten. Bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und auch in Schleswig-Holstein werde die Schill-Partei auf jeden Fall antreten, versichert deren Bundesbeauftragter, der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Peter Paul Müller.

In Niedersachsen haben sich neben dem Exstahlmanager Selenz, der mit 50 Jahren für einen gut versorgten vorzeitigen Ruhestand noch zu jung ist, auch in Hannover, Hildesheim und Oldenburg bereits einzelne Schill-Anhänger öffentlich geoutet. Allerdings ist Schill in Niedersachsen nicht annähernd so bekannt wie in Hamburg. Um überhaupt in Flächenländern Fuß fassen zu können, planen die Rechtspopulisten jetzt zunächst eine Änderung ihrer Parteisatzung.

Nach Angaben des Niedersachsenbeauftragten Köpgen sind nach der Satzung der Schill-Partei 30 Mitglieder für die Gründung eines Ortsverbandes, mehrere Ortsverbände für die Gründung eines Kreisverbandes und mehr als drei Kreisverbände für einen Landeverband notwendig. „Für jeden Ortsverband 30 Mitgleider zu finden, wird sehr schwer werden“, sagt Köpgen. Deswegen habe er dem Parteivorstand in Hamburg eine Satzungsänderung vorgeschlagen, um die direkte Gründung von Kreisverbänden zu ermöglichen. Allerdings habe man im Vorstand festgestellt, dass nur ein Parteitag Satzungsänderungen beschließen dürfe und der finde erst Ende April statt. Ein niedersächsischer Landesverband könne daher vor Mai nicht entstehen. Dass sich ein Wahlerfolg in der Großstadt nicht einfach in einem Flächenland wiederholen lässt, hatte vor den Schill-Anhängern schon die ähnlich orientierte Statt-Partei erfahren müssen, die nach einem Erfolg in Hamburg in Niedersachsen an der 5-Prozent-Hürde scheiterte.

Die niedersächsische Landesregierung und auch der CDU-Landeschef Christian Wulff sehen die Expansionspläne der Schill-Anhänger bislang denn auch gelassen. Wulff vergisst dabei nicht, den Hardliner zu markieren. Es gebe „keinen Vorschlag der Schill-Partei zur Kriminalitätsbekämpfung, der nicht in den letzten Jahren von der CDU in Niedersachsen schon erhoben wurde“. JÜRGEN VOGES