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Kölner Appell gegen Rassismus

Im Jugendgefängnis Köln-Ossendorf diskutieren Insassen einmal in der Woche über Vorurteile und Diskriminierung

Menschen mit Vorurteilen auf diskursiver Ebene damit zu konfrontieren, erfordert Bereitschaft zur Auseinandersetzung. Und die ist gerade bei denen, die sie nötig hätten, nur selten vorhanden. Vielleicht gibt es deshalb in Deutschland nur wenige Initiativen nach dem Muster des Seattle-Modells.

Rassismus mit Teilnehmern unterschiedlicher Herkunft thematisieren – dieses praktiziert in der Bundesrepublik der „Kölner Appell gegen Rassismus.“ Allerdings nicht bei Kaffee und Kuchen im gemütlichen Wohnzimmer, sondern in einem Gefängnis. Das Projekt entstand aus dem 1993 gegründeten „Gesprächskreis gegen Rassismus“.

Seit neun Jahren schon organisiert die Initiative regelmäßige Gesprächsgruppen im Jugendgefängnis Köln-Ossendorf. Momentan treffen sich einmal in der Woche sieben jugendliche Häftlinge unterschiedlicher Nationalitäten. Unter Leitung eines Sozialpädagogikstudenten werden Filme oder Talkshows angeschaut.

Vor allem aber wird diskutiert: über alltägliche Diskriminierungen und auch Vorurteile innerhalb der Gruppe gegen Angehörige verschiedener Religionen oder unterschiedlicher Herkunft.

Tagespolitische Themen bieten sich hier als Reibepunkt für tiefer verwurzelte Antipathien an. Nebenbei werden die Jugendlichen so über politische Ereignisse jenseits der Gefängnismauern auf dem Laufenden gehalten.

Die Häftlinge werden auch praktisch unterstützt, etwa bei der Suche nach einem Rechtsanwalt oder Kontakten zu Behörden. Auch ein Weihnachtsfest mit türkischem Büffet wurde organisiert. Probleme bereitet einzig die Fluktuation in der Gruppe – alle Teilnehmer sitzen in Untersuchungshaft, was eine Dauer des Aufenthaltes zwischen einigen Tagen oder mehreren Jahren bedeuten kann. ANNA SCHAFFNER

Ausführliche Informationen auch über andere Projekte des „Kölner Appells gegen Rassismus e.V.“ sind im Netz unter www.koelnerappell.de zu finden

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