: Die Zarin ist eine Nachwuchskünstlerin
Beim zweiten Zarenball waren Haus und Gäste gut betucht. Nur bekannte Gesichter ließen das üppige Festmal aus
Den Eingang bewachten berittene Husaren im Fackelschein, drinnen nahm Gastgeberin Katharina die Große unter einem rotseidenen Baldachin die Huldigungen der Umstehenden entgegen: Rund 300 Luxus- und Russland-Fans haben in der Nacht zu Montag beim zweiten Zarenball ins russische Neujahr hineingefeiert. Zu Kaviar, Lachs und Wachteln flossen Wodka, Cognac und Wein in Strömen, und im Schein silberner Kerzenleuchter wurde getanzt bis in den Morgen. Auch wenn die Promis fehlten, Ball-Erfinder Alexander Kozulin sah sein Ziel verwirklicht: „Berlin braucht Luxus, Pomp und Kultur.“
Wie im vergangenen Jahr war der Ball auch diesmal eine durchinszenierte Veranstaltung: Zarin Katharina die Große, dargestellt von einer Schauspielschülerin, bat zum Fest. Ein höfischer Zeremonienmeister annoncierte den Festbeginn und bat die Gäste in den verschwenderisch dekorierten Saal: Meterhohe silberne Leuchter tauchten fließende rote Stoffbahnen, Gardinen und Tischdecken in weiches Licht.
Auf Bühne und Parkett im Hotel Interconti zeigten Schauspieler, Sänger und Tänzer die ganze Nacht Szenen aus dem Leben am Zarenhof. Eine nimmermüde Brigade von livrierten Lakaien mit Perücke und Schnallenschuhen servierte das Diner mit 238 verschiedenen Speisen, darunter 15 Kilo Lachs und Stör, 10 Wildschweinrücken und 350 Wachteln – drei Tage war das Mahl in der Hotelküche vorbereitet worden. Die Tombola, bei der edler Schmuck und Reisen verlost wurden, ging zu Gunsten musikalischer Wunderkinder aus Russland – drei zeigten auf der Bühne eine Kostprobe ihres Könnens.
Russisch war auf den Fluren, im zur Spielbank umfunktionierten Foyer und im Saal eine ebenso geläufige Sprache wie Deutsch – die Schirmherrin und gebürtige Russin Irina von Bismarck hofft auf diese Begegnung der Nationen: „Wir müssen uns kennen lernen, es leben so viele Russen in Deutschland.“ Viele Gäste waren laut Veranstalter aus Russland angereist, andere kamen aus allen Teilen Deutschlands – die Klientel war sichtlich betucht. „Ölmagnaten, Banker, Juweliere – alles da“, sagte Ballmacher Kozulin. Nur die Prominenz fehlte. DPA
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