On-the-Job-Training gegen Terroristen

USA weiten den Krieg gegen den Terror auf die Südphilippinen aus. Dort trainieren US-Spezialisten im Guerillagebiet den Kampf gegen Abu Sayyaf

„Abu Sayyaf sorgt für die Wahrnehmung, die Philippinen seien wie Afghanistan“

von SVEN HANSEN

Mit der Ankunft der ersten US-Spezialeinheiten auf den Philippinen haben die USA gestern ihren „Krieg gegen den Terror“ über Afghanistan hinaus ausgeweitet. In den nächsten Monaten sollen bis zu 190 US-Elitesoldaten in südphilippinischen Hochburgen der Abu-Sayyaf-Rebellen philippinische Militärs unter Live-Bedingungen im Kampf gegen den Terrorismus „trainieren“. Weitere 500 US-Soldaten werden sie dabei von Militärbasen im Zentrum und Norden des Landes logistisch unterstützen.

Der philippinische Verteidigungsminister Angelo Reyes bestätigte gestern gegenüber einem lokalen Radiosender die Ankunft der ersten zwei Dutzend US-Soldaten in der südlichen Stadt Zamboanga. Bis Mitte Februar sollen alle vorgesehenen US-Militärs im Land sein, wohin sie auch eigene Flugzeuge und Hubschrauber mitbringen.

Zamboanga liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Insel Basilan, auf der seit vergangenem Mai bis zu 7.000 philippinische Soldaten vergeblich versuchen, ein US-Missionarsehepaar und zuletzt noch eine einheimische Geisel aus der Hand der muslimischen Kidnapper- und Rebellentruppe Abu Sayyaf zu befreien. Eine andere Fraktion der auf eintausend Mann geschätzten Gruppe hatte bereits im Jahr 2000 auf der Nachbarinsel Jolo Einheimische sowie westliche Touristen und Journalisten, darunter die Göttinger Familie Wallert und den Spiegel-Reporter Andreas Lorenz, wochenlang als Geiseln gehalten.

Bereits im Dezember hatten US-Militärberater die Südphilippinen besucht, um den jetzt als Manöver deklarierten Einsatz vorzubereiten. Dafür wurde das bisher jährlich im Norden durchgeführte binationale Manöver „Balikatan“ („Schulter an Schulter“) erstmals in den Süden verlegt. Schließlich seien in den dortigen Guerillagebieten die Bedingungen „realistischer“, so die Regierung in Manila.

Die um ihren Ruf besorgten philippinischen Militärs beteuerten in den letzten Tagen immer wieder, dass die US-Spezialisten nicht aktiv kämpfen, sondern die Filipinos nur dabei beraten. Allerdings würden die Amerikaner einheimische Soldaten auf Patrouillen begleiten, die Front besuchen und sich verteidigen. Den US-Soldaten sei auch bewusst, dass sie Opfer erleiden könnten, sagte Manilas Militärsprecher Edilberto Adan.

Das „Manöver“ wurde zunächst auf sechs Monate angesetzt, könne aber bis Jahresende verlängert werden, „was von der Situation abhänge“, so Manilas Präsidentensprecher Rigoberto Tiglao. Die philippinische Verfassung verbietet eigentlich die Stationierung ausländischer Truppen ohne Parlamentsbeschluss. Oppositionspolitiker kritisieren, dass durch die Deklarierung des US-Militäreinsatzes als Manöver die Verfassung ausgehebelt werde. Auch wird befürchtet, US-Militärs könnten im Land bleiben. Erst 1992 hatten die USA ihre Militärbasen in ihrer Exkolonie schließen müssen.

Nach dem 11. September hatte die Regierung in Manila den USA sofort Unterstützung zugesagt. Umgekehrt hatten Politiker in Washington nie einen Hehl daraus gemacht, dass die Philippinen zu den Ländern zählen, auf die der „Krieg gegen den Terror“ nach seiner ersten Phase in Afghanistan ausgeweitet werden könnte. Abu Sayyaf ist die einzige Organisation aus Südostasien auf Washingtons Liste internationaler Terrororganisationen.

„Unser größtes Problem ist wirklich die Abu Sayyaf, nicht als militärische Bedrohung, sondern weil sie für die Wahrnehmung sorgt, wir seien wie Afghanistan“, sagte Präsidentensprecher Tiglao. Erst kürzlich hatte Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo die Medien aufgefordert, nicht mehr über Entführungen zu berichten, da dies das Image des Landes beflecke. Die meisten Entführungen gehen allerdings nicht auf das Konto der sich als islamistische Separatisten gebärdenden Abu Sayyaf. Im Kampf gegen diese Gruppe starben seit letztem Mai 50 Soldaten und 166 Rebellen.

Vertreter Manilas und Washingtons hatten Abu Sayyaf wiederholt vorgeworfen, Verbindungen zu Ussama Bin Laden zu haben. Dafür gab es bis 1995 starke Indizien (siehe taz vom 13. 10. 2001), doch seitdem sind die Hinweise dürftig. In den vergangenen Monaten erhielten die Philippinen bereits Hubschrauber, Transportflugzeuge, Waffen und Nachtsichtgeräte zur Bekämpfung der Abu Sayyaf aus den USA. Seit vergangenem Sommer berieten auch immer wieder einige US-Militärs die philippinische Armee. Bisher ohne Erfolg.

„Im Verlauf der jetzigen gemeinsamen Anstrengung erwarten wir, dass Abu Sayyaf neutralisiert wird und die Geiseln befreit werden“, sagte Verteidigungsminister Reyes am Montag.