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Rechtliche Spezial-Turnübungen

betr.: „Internationale Regeln anwenden“, „Gegen das Völkerrecht“, taz vom 17. 1. 02

Ich bin ja schon dankbar dafür, dass das Vorgehen der Amerikaner gelegentlich auf Kritik stößt. In diesem Falle aber ärgert mich die Perspektive schon ein wenig: Bei seiner Einrede geht das Interview dem Objekt der Kritik, der US-Regierung, insofern auf den Leim, als es a priori ebenfalls vom amerikanischen Standpunkt ausgeht.

Die Debatte um unlawful combattants (illegale Kämpfer) muss doch damit beginnen, erst einmal festzustellen, wer unbestritten Nichtkombattant war: die Amerikaner nämlich, die einen unerklärten Krieg gegen Afghanistan (ein, wie auch immer im Innern organisiert, souveränes Land) geführt haben.

Nämliches galt etwa auch in Jugoslawien und wird wohl auch bei künftigen „Anti-Terror-Einsätzen“ wieder so sein. Gleichgültig, ob man „nur“ Luft- oder auch Bodentruppen einsetzt. Kombattant ist man selbst erst nach einer ordentlichen Kriegserklärung nach den Regularien des Humanitären Völkerrechts (welches das Kriegsrecht einschließt). Verzichtet man großzügig auf diese „Formalie“, kann man sich später nicht noch einmal über den Gegner erheben und ihn nunmehr zum illegalen Kämpfer erklären.

Diese Möglichkeit haben sich die USA durch die völkerrechtliche Illegalität ihres eigenen Vorgehens selbst versperrt. Mit der Festsetzung „illegaler Kämpfer“ auf fremdem Territorium setzen sie ihr eigenes ungesetzliches Handeln (im Sinne des Völkerrechts) lediglich fort. Erkennbar wird lediglich ein recht altes Prinzip: vae victis, der Sieger macht, was er will. Nur gab es eben seinerzeit (als Brennus Rom stürmte) noch kein Völkerrecht. Da wir es aber haben (gottlob), sollten wir auch darauf bestehen, dass sich alle, die es anerkennen, ihm auch unterwerfen. Rechtliche Spezial-Turnübungen wie jene der USA sind gänzlich fehl am Platze. RAINER FINNE, Hamburg

Ich muss dem US-Präsidenten Dubelju Bush meine volle Anerkennung zu seinem ersten Kreuzzug aussprechen. Jetzt wissen wir und diese Talibane endlich, was Zivilisation ist. Sie besteht aus Drahtkäfigen, „Verhören und Militär“-Gerichten.

Schön auch, wie der Herr Präsident den Kubanern zeigt, dass er auch auf ihrer Insel treiben kann, was er will. Beschlüsse der Un-Vollversammlung gehen einem wirklichen Kreuzzügler am Arsch vorbei. Eigentlich wäre ja Joschka Schröder uneingeschränkt dran gewesen. Der Petersberg hätte sich direkt für eine Beschlagnahme durch US-Truppen angeboten, und unser Außenminister hätte wieder sagen dürfen: „Wir sind nicht dazu da, die USA zu kritisieren.“ Das hätte uns viele Pluspunkte eingebracht. Insofern schäme ich mich für die taz, dass sie keine Jubelartikel veröffentlicht.

HARTMUT BERNECKER, Bietigheim

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