themenläden und andere Clubs Albernes FreundInnenpack: KeineR lässt sich irgendwelche Warzen besprechen
Zugegeben, auch meine FreundInnen muss man hin und wieder etwas treten. Da will die eine nicht mit mir ausgehen, der andere findet den Weg nach Hause nicht, die eine dreht nicht sofort den Sender weg, wenn Dire Straits laufen, und der andere isst meinen kompletten Adventskalender auf, wenn ich nicht in der Wohnung bin, und behauptet dann auch noch, er sei es nicht gewesen.
Im Großen und Ganzen ist es jedoch ein wirklich sympathisches Pack. KeineR, wirklich keiner lässt sich beispielsweise auspendeln. KeineR lässt sich irgendwelche Warzen besprechen (und ich meine jetzt nicht besprechen im Sinne von „Das ist eine nicht so gelungene Fußwarze, die letzte war viel besser, Bewertung: Zwiespältig“).
Seit ich das vor gut zwei Jahren mal moniert habe, kommen auch keine Weihnachtspostkarten mit als Engel verkleidetem Nachwuchs mehr an, und keineR würde in rotten Lokalitäten, in denen man die Toilette nicht abschließen kann, einfach von seinem Wachposten an der Badtür, hinter der ich meinen Geschäften nachgehe, abhauen, nur weil in der Ecke jemand mit einem Joint oder einer Flasche Bärenpils wedelt.
Allerdings habe ich bei einer Freundin in letzter Zeit einen zumindest tendenziösen Trend feststellen müssen, verstärkt von ihren „Meridianen“ zu sprechen. Beim ersten Gespräch dachte ich noch an eine Inselgruppe, seit ich aber herausfunden habe, dass das innere Straßennetze oder so sein sollen, beobachte ich die Entwicklung mit einer gewissen Vorsicht. Ich schiebe das ein wenig auf das Alter, es handelt sich um eine meiner älteren Freundinnen, und vielleicht sind das schon die Vorboten einer beginnenden Senilität. Wenn es so weitergeht, wird sie natürlich erschossen. Oder, noch besser, von den anderen und mir mit diesen albernen Dingsbums-Kugeln totgeworfen, die es früher in Asiatika-Läden zu kaufen gab und die dann jahrelang in ihren mit Teemotiv-Stoff bespannten Kästchen auf dem Fernseher standen und die immer so komisch klickerten, wenn man sie (zwecks Kurierung einer Sehnenscheidenentzündung, vermute ich) in der Hand rollte.
Und albern ist das FreundInnenpack! Mit der einen kann ich stundenlang vor jedem Zerrspiegel stehen und mich weich lachen, man sollte ja meinen, dass nach 13 Jahren Freundschaft mal der Punkt gekommen ist, an dem man sich schon in allen denkbar verzerrten Situationen gesehen hat, aber Pustekuchen. Ich könnte mich immer noch wegschmeißen, wenn uns zwei kleine Dickmadams mit gaaaanz fetten, kurzen Beinen oder mit langen Frankenstein-Ziphead-Stirnen aus dem Zerrspiegel ankichern. Ich denke sogar seit Jahren ernsthaft darüber nach, mir einen Zerrspiegel für zu Hause zu kaufen, für das Badezimmer vielleicht, damit der Tag gleich gut anfängt, oder für übers Bett. Wobei das vielleicht doch nicht jeder lustig findet. Aber mir kann das ja egal sein, ich nehme die Linsen raus, wenn ich schlafen gehe. Ein Zerrspiegelkauf sei jedoch ohnehin unnötig, behauptete darauf ein anderer alberner Freund, normalerweise habe man schließlich genug Teelöffel zu Hause, um beim Hineinschauen ständig Pete Townsends Gesicht zu sehen.
Noch glücklicher bin ich übrigens mit meinen FreundInnen seit gestern, wo ich in der Universum Lounge in „City West“ miterleben musste, was andere Freundeskreise unter „albern sein“ verstehen: eine Hühnerclique hatte einem vermutlich jetzt 30-jährigen Huhn zum Geburtstag einen (schwulen) Stripper geschenkt, und der schüttelte seinen mit Tangaslip verunzierten Hintern zu Kylie Minogue in der Öffentlichkeit und in das Gesicht der Geburtstagsmaus. Huuaah. Dann schon lieber hin und wieder liebevoll den Dire-Straits-Sender selber wechseln müssen.
JENNI ZYLKA
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