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Radio Bremen im Würgegriff

■ Verwaltungsrat des Senders will alte Standorte aufgeben / Neubau soll kommen / Über den Standort kann nun verhandelt werden

„Medienzentrum“ heißt das neue Etikett, das das alte, unhandliche „Medienkompetenzzentrum“ ablöst. Egal, welchen Namen das Kind am Ende bekommt: Radio Bremen muss schrumpfen und will bei einem Umzug Kosten sparen. Wie – dafür gab gestern der Verwaltungsrat des Senders eine Marschroute vor.

Das neunköpfige Gremium stimmte einem externen Gutachten zu, wonach mit einem Neubau rund sieben Millionen Mark pro Jahr gespart werden können. Der Ausbau je eines der bisher getrennten Standorte für Funk (Spitta-Allee) und Fernsehen (Bredowstraße) käme teurer. Die exakte Standortfrage sei damit noch nicht entschieden, hieß es intern. Klar ist jedoch, dass der Sender nun eine Handhabe für weitere Verhandlungen hat.

Der Plan: Beide Sparten, Rundfunk wie Fernsehen, sollen in einem gemeinsamen Haus durch Kooperation sowie moderne Betriebsführung Ausgaben senken. Auch wird es eine Rundum-Erneuerung der Technik geben. Die räumliche Veränderung soll auch helfen, bisherige „Anstalts-Strukturen“ betriebswirtschaftlich effektive Firmenstrukturen zu ersetzen. Korrigiert würde auch der absurde Zustand, dass das größte Bremer Medienunternehmen seine Adresse fernab des Zentrums hat. Man hofft auf entsprechende Zuschüsse des Senats für das Medienzentrum, das auch anderen Medienunternehmen offen stehen soll.

Auf einer Veranstaltung der „Kooperationsstelle Universität-Arbeitnehmerkammer“ erklärte der neue Abteilungsleiter im Rathaus, Heiner Heseler, am Donnerstagabend, er wisse „nicht so genau, wie ein Medienzentrum aussehen könnte“. Deutlich wurde, dass man im Rathaus befürchtet, das Ganze könnte auf eine Umzugshilfe hinauslaufen, wenn hauptsächlich ausgegliederte Radio-Bremen-Firmen mit dem abgespeckten Sender ein gefördertes Medienzentrum bilden würden. Es müsse gründlich untersucht werden, wie viele bremische oder auswärtige Firmen sich von einem Medienzentrum angelockt fühlen könnten. Die Radio-Bremen-Lobby befürchtet das „hin- und herschieben von Verantwortlichkeiten“und ein Spielen auf Zeit – und konterte: Beim Technologiepark oder am Flughafen habe es auch kein detailliertes Konzept gegeben.

Solche unsicheren Angaben brachten den Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Möller in Rage. Von 140 Millionen Mark auf 116 Millionen wurden die Gebühren von Radio Bremen in nur vier Jahren gekürzt – auf Grundlage eines einstimmigen Ministerpräsidentenbeschlusses. „Das ist nicht durch Einsparprozesse zu realisieren.“ Wenn durch Wirtschaftsförderung privaten Firmen das Risiko an dem neuen Standort Medienzentrum abgenommen würde, dann würden sie kommen wie bei anderen Weichenstellungen der Stadtentwicklung. Intendant Heinz Glaesgen legte nach: „Radio Bremen ist eine Einrichtung des Landes“, keine „Pressestelle des Landes“.

Im Jahr 2003 könnte kein Programm mehr gesendet werden, wenn nicht schnell etwas passiere. Radio-Bremen-Personalrat Bernd Graul plauderte auf dem Podium aus, was alle im Saal gerüchteweise auch wussten: Die CDU ist es, die im Senat eine Entscheidung blockiert. Er habe „gehört“, meinte Graul, dass CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff im Gegenzug für das „Medienzentrum“ die Zustimmung der SPD zur Ausweitung des Technologieparks ins Hollerland aushandeln wolle.

„Ich habe keine Lust, Spielball eines Kuhhandels der Koalition zu werden“, erklärte Graul dazu. Schließlich habe Bürgermeister Henning Scherf (SPD) die Absenkung des Finanzausgleichs durch seine Zustimmung ermöglicht. Graul machte gleichzeitig klar, dass er die Vorstellung, Radio Bremen könne über Aufträge von außen zusätzliche Einnahmen erzielen, für „Flausen“ hält.

Aus dem Bremer Rathaus hatte es früher schon einmal das Signal gegeben, über die CDU-Interessen im Hollerland könne man durchaus reden. Abgelehnt hatte die SPD. Wenn es stimmt, dass sich die SPD jetzt von der CDU vor die Frage gestellt sieht, ob sie lieber das Hollerland sterben lässt oder lieber Radio Bremen, dann wäre verständlich, warum sich seit Monaten nichts bewegt bei diesem Thema. K.W.

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