piwik no script img

„Liebe taz...“ Unstatthafter Mann-Vergleich

Betr.: „Plattdeutsch in New York“, taz vom 21.1.2002

Der Heimatschriftsteller Heinrich Adolf Schmidt aus Uthlede war seit dem 1. Mai 1937 Mitglied in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. In einem Antrag auf Aufnahme in die NSDAP musste der zukünftige Parteigenosse Folgendes bekennen: „Ich bin deutscher Abstammung und frei von jüdischem oder farbigem Rasseeinschlag, gehöre keinem Geheimbund, noch einer sonstigen verbotenen Gemeinschaft oder Vereinigung an ... Ich verspreche, als treuer Gefolgsmann des Führers die Partei mit allen meinen Kräften zu fördern.“

Als Heinrich Schmidt am 2. Dezember 1933 den Fragebogen ausfüllte, um Mitglied des „Reichsverbandes Deutscher Schriftsteller e.V.“ zu werden, gab er an, Mitglied zu sein im „Kampfbund für deutsche Kultur“, einer kulturpolitischen Einrichtung völkischer Kulturschaffender, die von Alfred Rosenberg geleitet wurde. Bereits 1927 als „Nationalsozialistische Gesellschaft für deutsche Kultur“ gegründet, war der Kampfbund ein Sammelbecken rechtsextremer Außenseiter des Weimarer Kulturlebens.

Bei seinem Eintritt in den „Reichsverband Deutscher Schriftsteller e.V.“ erklärte Heinrich Schmidt am 2. Dezember 1933 außerdem: „Ich bin arischer Abstammung ... Ich erkläre mich vorbehaltlos bereit, jederzeit für das deutsche Schrifttum im Sinne der nationalen Regierung einzutreten und den Anordnungen des Reichsführers des R.D.S. ... Folge zu leisten.“

Vor diesem biographischen Hintergrund ist es unstatthaft, Schmidt als „Thomas Mann der niederdeutschen Literatur“ zu bezeichnen, denn Mann hatte schon in der Weimarer Republik gegen den Aufstieg der NSDAP gekämpft, lebte von 1933-52 im Exil und rief während des Zweiten Weltkrieges über den Rundfunk die deutschen Hörer auf, sich von der Barbarei des Nationalsozialismus zu befreien. Heinrich Schmidt dagegen gehörte dem „Plattdütschen Vereen Bremen“ an. Dieser bekannte sich am 20. Oktober 1933 zum „neuen Deutschland“ und betonte die Gemeinsamkeiten zwischen der Heimatbewegung und der „Nationalen Regierung“. Für die Plattdeutschen sei die Einigkeit des deutschen Vaterlandes stets ihr höchstes Ziel gewesen, ebenso der Aufbau einer Volksgemeinschaft. Und „die Verbundenheit mit Blut und Boden endlich“ sei „Grundlage ihrer ganzen Arbeit“. Weiterhin unterstütze der Verein die „segensreiche Arbeit“ des „Kampfbundes für deutsche Kultur“.

68 Jahre nach diesem Bekenntnis fehlt bis heute sowohl eine kritische Arbeit zur Rolle Heinrich Schmidts in der Zeit des Nationalsozialismus als auch zur Rolle der Plattdeutschen Vereine und der niederdeutschen Bewegung insgesamt. Eile ist jedoch geboten! Denn einmal existierende Legenden sind nur schwer zu korrigieren und auch sie sollen ewig leben.

Ferdinand Krogmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen