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rück-sicht II

Rote Zöpfe, erste Liebe

Das Irritierendste war, dass sie wie ein ganz normales Mädchen aussah – nur eben verkleidet. Nicht, dass ich damals wirklich glaubte, die tatsächliche Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf gesehen zu haben; damals, in den 70ern, als ich in den Kurlichtspielen in Westerland auf Sylt gesessen hatte und aus Promotion-Gründen Inger Nilsson, die Pippi-Schauspielerin (siehe Foto), auf die Bühne kam (ich meine mich noch an ihr fast entschuldigendes Lächeln erinnern zu können).

Schon einem Zehnjährigen ist der Unterschied zwischen Fiktion und Realität durchaus bewusst – aber dass sie wie ein normales Mädchen aussah, war trotzdem komisch. Denn die Mädchen, mit denen man sonst so zu tun hatte, benahmen sich nun wirklich ganz anders; dem Kinogänger von heute ist klar, dass, um die Normalität zu spiegeln, sowieso die Rolle der Annika zuständig ist.

Über Pippi Langstrumpf als Role-Model der so genannten postfeministischen Frauenjahrgänge ist zuletzt viel geschrieben worden. Dass die heutigen Männer Mitte, Ende 30 einer Generation angehören, die in ihrer Jugend beinahe sämtlich ihre ersten Liebesprojektionen anhand dieses rotbezopften Mädchens durchspielten, sollte man hinzufügen. Jedenfalls gehörte Astrid Lindgrens Pippi sicher zu den ganz wenigen Gegenständen, bei denen man damals mit Mädchen einer Meinung sein konnte. DIRK KNIPPHALS

FOTO: HIPP-FOTO

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