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Ausweisung aus dem Wüstencamp

Ein Beratergremium der australischen Regierung empfiehlt, das Flüchtlingslager in Woomera dichtzumachen. Asylanträge der hungerstreikenden Jugendlichen werden nicht bearbeitet. UNO und amnesty international kritisieren die Zwangsinternierung

SYDNEY/GENF rtr/dpa/epd ■ Zwei Wochen nach dem Beginn der Hungerstreiks im australischen Flüchtlingslager Woomera hat eine von der Regierung in Canberra entsandte Kommission die Schließung des umstrittenen Wüstencamps empfohlen. Das Beratergremium bezeichnete die Umgebung des Lagers als „extrem unwirtlich“. Einwanderungsminister Philip Ruddock schloss eine schrittweise Verlegung von Flüchtlingen nicht aus. Zuvor müssten allerdings erst neue Lager für sie gebaut werden.

Ruddock gab gestern bekannt, dass 67 Flüchtlinge, deren Asylanträge endgültig abgelehnt worden seien, aus Woomera abgeschoben werden sollen. Zugleich kündigte er an, dass die Behandlung der Asylanträge nur von denjenigen Flüchtlingen fortgesetzt werden soll, die sich nicht an Hungerstreiks beteiligen. Er glaube nicht, dass Hungerstreikende körperlich in der Lage sein würden, sich an solchen Verfahren beteiligen zu können, sagte der Minister.

Eine sofortige Schließung des Lagers Woomera ist nach Ruddocks Ansicht unwahrscheinlich. Der Einwanderungsminister sagte dem australischen Rundfunk, denkbar sei jedoch eine Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge. Auf jeden Fall werde das Lager weiter für Notfälle und für Abschiebehäftlinge benötigt, deren Verfahren abgeschlossen seien. Außenminister Alexander Downer sagte in London, die Proteste würden die Haltung der australischen Regierung nicht beeinflussen. Australien werde niemals auf der Basis von Drohungen verhandeln.

In Woomera haben gestern elf Jugendliche weiter mit ihrem Selbstmord gedroht. Die jungen Afghanen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren wollen auf diesem Weg von der Regierung die Erlaubnis erzwingen, das Lager verlassen zu dürfen. Neun andere Minderjährige, die nicht in Begleitung ihrer Eltern sind, waren zuvor in die Obhut der südaustralischen Behörden überstellt worden.

„Ich denke, die Kinder verstehen, wie langsam sich unsere Regierung bewegt, trotz der ernsten Drohung, der sie sich gegenübersieht“, sagte Anwalt Rob McDonald. Zuvor hatte er erklärt, ein 16-jähriger Iraker habe bereits in der Nacht zu Dienstag versucht, sich zu erhängen. Sicherheitskräfte des Lagers hätten dies aber verhindert. Die Jugendlichen hatten der Regierung ein Ultimatum bis gestern 17.00 Uhr Ortszeit gestellt, um ihre Forderungen zu erfüllen. Nach Angaben des McDonalds verlängerten sie dies um 24 Stunden.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) ist besorgt über die Situation der hungerstreikenden Asylbewerber in Woomera. Das UNHCR lehne es grundsätzlich ab, dass Asylbewerber in Lagern zwangsinterniert würden, sagte der Sprecher des Flüchtlingshilfswerks, Kris Janowski, gestern vor Journalisten in Genf. Das Flüchtlingshilfswerk lehne allerdings auch das Verhalten mancher Asylbewerber ab. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Kinder dazu gebracht würden, sich selbst zu verletzen oder mit Selbstmord zu drohen, so Janowski weiter. Dies zeige jedoch auch, wie verzweifelt die Asylbewerber seien.

Die Menschenrechtsorganisation amnesty international kritisierte ebenfalls die australische Asylpolitik. Das Einsperren von Flüchtlingen habe sich nicht bewährt, diese Politik müssen dringend überprüft werden. Nach Meinungsumfragen unterstützt aber die Mehrheit der Australier die harte Haltung ihrer Regierung in der Einwanderung.

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