: Love, Peace and Pomade
Die Trendsetter der Frisörinnung verkünden den Trend 2002. Dabei bedienen sie sich der Stilelemente der Vergangenheit ■ Von Marcellus Gau
Leute, kauft Parafin-Aktien! Denn Parafin wird knapp werden. Seit gestern ist es amtlich. Die Haarmode, die seit ungefähr einem Jahr das Schanzenviertel, Altona, Ottensen und Eimsbüttel dominiert, wurde gestern zum heißesten Trend der Frisörinnung erhoben. Im Museum für Völkerkunde am Hamburger Rothenbaum präsentierten die Hautes Coiffeur die Haarmode Frühjahr/Sommer 2002. Dabei ist deutlich geworden, dass der Griff in die Schublade oft die besten Ideen liefert. Die 60er feiern ihre Renaissance und schaffen mit Elementen der 80er Jahre einen Mode-Hybrid. Haarspray und tonnenweise Gel lassen die Betonfrisur des King des Rock'n'Toll wieder auferstehen.
Im edlen Marmor der Empfangshalle des Museums für Völkerkunde schreiten Haar-Modells mit ernsten Gesichtern die Freitreppe herunter. Es werden edle Meeresspeisen serviert. Breitschultrige Adonisse schreiten mit nackten Füßen die kalten Marmorstufen hinunter. Man hört sonore Olalalas im Saal. Im Hintergrund maltretieren moderne Beats die Membranen, während Intercoiffure Martina Acht dem Publikum die Elemente von „New Style“, dem Trend 2002, erklärt. Dem Angelsächsischen sei Dank. Es gelingt ihr perfekt. „Business and Young Style“ werden dominiert von „durchgestuftem Short-Cut“ akzentuiert mit „Long Pony“. New Style kommt in zwei Ausprägungen daher: Young Style 4 (for) Young People and Business Style für the - wie sagt man auf Deutsch - junge Peoples. Die Männer tragen die Haare wieder länger, dabei fallen besonders die “ausgesliceten“ Spitzen auf. Auf den Köpfen der Modells regiert kontrolliertes Chaos, durch den verschwenderischen Einsatz von Gel, Pommade und Wachs gefangen gehalten. Dabei soll der Mann im kommenden Jahr bitteschön nicht pingelig sein. „Auf jeden Fall braucht Mann Haarpflegeprodukte,“ sagt Martina Acht. Damit dürfte dann auch geklärt sein, wofür sich das Kamerateam von Wella TV besonders interessiert haben dürfte. Den Trend bei den Herren fasst Martina Acht als „Modernisierter Elvis-Look“. zusammen. Wie Elvis, aber ein wenig mehr Unordnung und noch mehr Pomade.
Die Damen tragen in diesem Frühling „volle Pony-Partien mit langer fransig auslaufende Na-ckenlinie, eventuell mit Under-Cutting, sagt Ralf Henn, der Deutsche Frisörmeister von 1993. Bei längeren Haaren sei die Haarlinie spitz zulaufend und sehr stark ausgefranst. Bei der Farbwahl werden gerne helle und dunkle Töne kombiniert. Der mutige Umgang mit Farbe im Haar findet sich auch bei der Gestaltung des Make-Up. Dunkel geschminkte Auge und markanter Lidstrich, erinnerten laut Martina Acht an „Love, Peace and Happiness“.
Nun, da der Trend endlich offiziell ist, wird er wohl bald auch wieder Out sein.
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